Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Zweiter Theil] (8,2 / 1901)

888 Die Aesthetik oder die Philosophie der schönen Kunst. 
die begrifflichen Objecte sind das Thema der belehrenden Darstellung, 
die Gestalten und Erscheinungen sind das der beschreibenden; die 
belehrende Darstellung künstlerisch ausgeführt oder in poetischer Form 
ist das Lehrgedicht, die beschreibende Darstellung in künstlerischer 
oder poetischer Form ist die beschreibende Poesie. ^ 
Eine tiefere Beziehung beider Seiten enthält das alte Epigramm, 
d. i. eine Aufschrift, die einen Gegenstand bezeichnet und etwas Cha 
rakteristisches,. d. h. Bedeutendes und Erklärendes von ihm aussagt. 
„Wir haben die Sache selber in gedoppelter Weise: einmal die äußere 
Existenz und sodann deren Bedeutung und Erklärung als Epigramm 
zu den schärfsten, treffendsten Zügen zusammengedrängt."^ 
II. Die classische Kunstform. 3 
1. Der Gestaltungsproceß der classischen Kunstform. 
Was die symbolische Kunstform vergeblich erstrebt, wird in der 
classischen erreicht: die Einheit von Inhalt und Form. Der Inhalt 
ist die Idee, d. h. die freie Lebendigkeit und Individualität; die Form 
ist die menschliche Gestalt und Schönheit. Diese Identität von Inhalt 
und Form ist das durchgängige Thema des classischen Ideals, 
welches die Griechen erkannt und ausgeführt haben. Was, ästhetisch 
genommen, d. h. in der Lehre vom Ideal und von den Kunstformen 
classisch heißt, das ist, historisch genommen, griechisch in dem Sinne, 
in welchem die Philosophie der Geschichte die griechische Welt als das 
Kunstwerk der Weltgeschichte, das subjective, objective und politische, 
dargethan hat.^ Der Typus des Menschen in seiner vollkommensten 
Reinheit ist eine Offenbarung des Göttlichen, nicht die höchste und letzte, 
diese ist geistig und innerlich, aber der göttliche Geist, indem er aus 
der Natur zu sich selbst und in seine Tiefe zurückkehrt, muß durch den 
Typus des Menschen in seiner äußeren Form hindurchgehen. Dieser 
ist in dem Offenbarungsgange Gottes die Mitte, nicht bloß gleichsam, 
sondern ganz eigentlich der Mittel- und Durchgangspunkt, in 
welchem die Kunst der höchste Ausdruck des Absoluten, die Kunst selbst 
zur Religion wird und diese Religion der Kunst den Gipfel der 
Schönheit ersteigt. „Die classische Kunst überschreitet den reinen Boden 
des ächten Ideals nicht." 6 
1 Hegel. X. Abth. I. S. 540-546. — - Ebendas. S. 546 u. 547. - 
- Hegel. X. Abth. II. S. 1—119. — * S. oben Cap. XXV. S. 762-764. - 
b Hegel. X. Abth. II. S. 1 — 15.
	        
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