Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Zweiter Theil] (8,2 / 1901)

Die Lehre von den Kunstformen. 
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> Ebendas. S. 523—527. — 8 Ebendas. S. 527—540. S. oben S. 835. 
so wüßte man nicht, daß die Schilderung des mächtigen Flusses von 
dem Felsenquell bis zum Weltstrom, der sich in den Ocean stürzt, das 
rasche Werden des Islam zu einem Weltreich und zur Weltreligion 
bedeutet? 
Die ausführliche Vergleichung zwischen der Bedeutung und dem 
Bilde ist das Gleichniß, das sich in allen Gattungen der Poesie, 
der lyrischen, epischen und dramatischen, vorfindet und dazu dient, 
theils die Phantasie zu ergötzen und die Empfindung zu vertiefen, 
theils in einer angenehmen Vorstellung anschauend zu verweilen und 
von einer qualvollen das Innere zu befreien. Von der ersten Art 
sind die lyrischen, von der zweiten die epischen und dramatischen Gleich 
nisse. Die Fülle von Beispielen der letzten Art, welche Hegel aus 
Shakespeare anführt, zeigt, wie gut er diesen Dichter gekannt und zu 
würdigen gewußt hat. Solche Beispiele sind Macbeth, den Unter 
gang vor Augen, die Nichtigkeiten des Lebens durchschauend und in 
kurzen, höchst treffenden Gleichnissen aussprechend, der entthronte 
Richard II., wie er der Krone entsagt, Northumberlands Schmerzens- 
erguß, wie ihm die Nachricht vom Tode seines Sohnes Pery gebracht 
wird, die Worte der verstoßenen Katharina in Heinrich VIII. und 
die des Cardinals Wolsey, in seinem Sturze niedergeschmettert und 
zugleich sich darüber erhebend, denn das heillose Unglück, wenn es 
die Großen der Welt, die Günstlinge des Glücks ergreift und zu Boden 
wirft, wirkt nicht bloß zerschmetternd, sondern auch erleuchtend, 
plötzlich erleuchtend. Keine Situation ist so geeignet, im Gleichnisse 
anschaulich gemacht zu werden, wie diese, welche Shakespeare im Sturze 
Macbeths und Wolseys vor Augen hatte. Als Beispiele lyrischer 
Gleichnisse, die mit Entzücken in der Betrachtung ihres Gegenstandes 
verweilen, nennt Hegel die Schilderungen des hohen Liedes und den 
Monolog Julias, wie sie den Romeo erwartet: „Komm', Nacht! — 
Komm', Romeo, du Tag in Nacht!" u. s. f. 
Die besten Beispiele der epischen Gleichnisse sind die homerischen? 
3. Die vergleichende Kunstform hat alle ihre Arten erschöpft, mit 
ihr ist die bewußte Symbolik vollendet; mit dieser verschwindet die 
symbolische Kunstform überhaupt; ihre beiden Seiten, Bedeutung und 
Gestalt. Sinn und Bild, Begriff und Erscheinung, fallen auseinander 
und wollen jede für sich dargestellt werden. Die Bedeutungen oder
	        
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