Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Zweiter Theil] (8,2 / 1901)

816 Die Aesthetik oder die Philosophie der schönen Kunst. 
- Ebendas. S. 106. 
Die symbolische, classische und romantische Kunstform sind die 
drei Arten, wie sich im Gebiete der Kunst die Idee zu ihrer Ge 
stalt verhält: sie bestehen im Erstreben, Erreichen und Ueberschreiten 
des Ideals als der wahren Idee des Schönen? 
Das Ideal ist nicht eine bloße Idee, sondern die Energie sich zu 
verwirklichen und zu einer Welt der Schönheit zu entfalten. Diese 
Welt ist das Reich der Künste oder besondern Kunstarten, die Wirk 
lichkeit aber des Ideals besteht in den einzelnen Kunstwerken, welche 
sich zu einer Welt der Schönheit, zu dem System der Künste zu 
sammenschließen. Das eine Extrem dieses Schlusses ist die geistlose 
Objectivität, das andere die geistige, innerlich erregte und erfüllte 
Subjektivität; in der Mitte steht der Gott, der beide Seiten in sich 
vereinigt und keiner von beiden allein angehört. Daher geschieht die 
Verwirklichung des Ideals in drei Kunstarten: 1. die erste schafft die 
Umgebung des Gottes, gleichsam die ihm angemessene unorganische 
Natur, den Tempel zur Wohnstätte des Gottes, zum Schutz und zur 
Umschließung der andächtigen Gemeinde, „der Versammlung der Ge 
sammelten", wie Hegel sie treffend bezeichnet: dieser bedeutsame Bau 
ist das Werk der schönen Architektur. 2. In diesen Tempel 
zweitens tritt sodann der Gott selber ein, indem der Blitz der In 
dividualität in die träge Masse schlägt, sie durchdringt und die unend 
liche, nicht mehr bloß symmetrische Form des Geistes selber die Leib 
lichkeit cvncentrirt und gestaltet. Dies ist die Aufgabe der Skulptur." 
3. Dem sinnlich gegenwärtigen Gott steht in den Hallen seines Hauses 
drittens die Gemeinde gegenüber. Der Gegenstand, der durch die 
dritte Kunstart zur Darstellung gelangt, ist die vielfach bewegte und 
particularisirte Innerlichkeit, die Stimmungen, Gefühle, Leiden, Ge 
müthsbewegungen u. s. f., die Mittel aber, wodurch diese Gegenstände 
onschaulich gemacht werden, sind die Farben, der Ton und das 
Wort: daher sind es die Künste der Malerei, der Musik und der 
Poesie, in welche sich die dritte Kunstart theilt und in denen sich 
dieselbe entwickelt. 
Verglichen mit den Kunstformen entspricht die Architektur der 
symbolischen Kunstform, die Skulptur der classischen, die Malerei, 
Musik und Poesie der romantischen. Oder anders ausgedrückt: die 
Architektur ist die symbolische Kunst, die Skulptur die classische, 
Malerei, Musik und Poesie sind die romantischen Künste.
	        
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