Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Zweiter Theil] (8,2 / 1901)

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Die Philosophie der Geschichte. 
Einsicht handeln solle. An die Stelle der Orakel tritt das Gewissen. 
Die innere Welt der Subjectivität geht auf im Bruch mit der vor 
handenen Wirklichkeit und revolutionär gegen den athenischen Staat. 
„Wenn er nnn aber, weil er das Princip, das nunmehr hervorkommen 
muß, ausspricht, zum Tode verurtheilt wird, so liegt darin ebensosehr 
die hohe Gerechtigkeit, daß das athenische Volk seinen absoluten Feind 
verurtheilt, als auch das Hochtragische, daß die Athener erfahren 
mußten, daß das, was sie in Sokrates verdammten, bei ihnen schon 
feste Wurzel gefaßt hatte, daß sie also ebenso mitschuldig und ebenso 
freizusprechen seien." „Auch im Verderben erscheint der Geist Athens 
herrlich, weil er sich als der freie zeigt, als der liberale, der seine 
Momente in ihrer reinen Eigenthümlichkeit, in der Gestalt, wie sie 
sind, darstellt. Liebenswürdig und selbst im Tragischen heiter ist die 
Munterkeit und der Leichtsinn, mit der die Athener ihre Sittlichkeit 
zu Grabe begleiten. Wir erkennen darin das höhere Interesse der 
neuen Bildung, daß sich das Volk über seine eigenen Thorheiten lustig 
machte und großes Vergnügen an den Komödien des Aristophanes 
fand, die eben die bitterste Verspottung zu ihrem Inhalte haben und 
zugleich das Gepräge der ausgelassensten Lustigkeit an sich tragen."' 
Ein letzter Haltpunkt der Einheit war noch das delphische Orakel 
und Heiligthum. Als aber die Phokenser dieses Heiligthum erst be 
raubten, dann in dem sogenannten heiligen Kriege entweihten und 
plünderten, ohne daß die griechischen Schutzmüchte mit dem Amphi- 
ktyonengericht im Stande waren, die Frevler zu strafen, so war es auch 
um diesen letzten Halt geschehen. Nun erhob sich ein Orakel anderer 
Art, welches die Zukunft der griechischen Welt entscheiden sollte, näm 
lich der einige und kluge Wille eines durch seine Staats- und Kriegs 
kunst mächtigen Monarchen und setzte der Freiheit und Selbständig 
keit der griechischen Völker für immer ein Ende. König Philipp von 
Makedonien machte sich zum Herrn Griechenlands? 
Es handelte sich um das Schicksal nicht bloß des griechischen, 
sondern der ganzen geistigen und geschichtlichen Welt. Alexander, von 
ddm tiefsten und auch umfangreichsten Denker des ganzen Alterthums 
unterrichtet und von erhabenen Ideen erfüllt, führt seine kriegsgeübten, 
durch ihre Phalanx siegreichen Heere nach Asien, erobert das persische 
Reich, dringt vor bis nach Baktrien, Sogdiana und dem nördlichen 
* Ebendas. S. 326—330. Vgl. S. 308. — - Ebendas. Das macedonische 
Reich. S. 330 flgd.
	        
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