Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Zweiter Theil] (8,2 / 1901)

Die griechische Welt. 
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verarbeitet und sich damit schmückt, nicht putzt, nur die Barbaren 
putzen sich; daß er seinen Körper zum vollkommenen Organe seines 
Willens ausbildet, um ihn in seinen schönen Bewegungen, in seiner 
kräftigen Geschicklichkeit darzustellen; der Mensch in dieser Gestalt hat 
den unendlichen Trieb sich zu zeigen und sehen zu lassen, wie es das 
Wesen der schönen Individualität von selbst mit sich bringt: daher die 
nationalen Spiele (die olympischen, isthmischen, pythischen und neme- 
ischen), diese Spiele selbst sind der Faust- und Ringkampf, der Wett 
lauf und das Wagenrennen, das Werfen des Diskus und des Wurf 
spießes, endlich das Bogenschießen. Dazu kommen Tanz und Gesang, 
worin die Schönheit der Bewegung und die der Stimme vereinigt sind. 
Die Griechen haben erst sich selbst zu schönen Gestalten gebildet, 
ehe sie solche Gegenstände in Marmor oder in Farben auszudrücken 
versucht haben; es gab keinen Weg, der auf so natürliche und sichere 
Art zur Vollkommenheit der Kunst führte. 
2. Das objective Kunstwerk. 
Die von allen menschlichen Zufälligkeiten gereinigten und erhabenen 
Individualitäten sind „die objectiv schönen". Diese sind die Götter 
der Griechen. Gegeben sind die Naturmächtc, die anmuthigen und 
lieblichen, wie die ungeheuren und gewaltigen. Aus den Quellen 
werden Najaden, aus den Najaden Musen. Die ungeheuren Gewalten, 
wie Uranos, Gäa, Okeanos, Kronos u. s. f. sind die Titanen, die be 
siegt und niedergeworfen werden, zuletzt Kronos, der seine Geburten 
verschlingt, durch Zeus und die olympischen Götter. Zeus bewahrt 
auch noch die Naturmächte, die er beherrscht, er hat Blitze und Wolken, 
zugleich aber ist er ein politischer Gott, der die sittlichen Ordnungen, 
den Eid, die Gastfreundschaft u. s. f. beschützt. Aus dem Helios wird 
Apollon, das selbstbewußte Licht: das Licht ist und bleibt die ihm zu 
Grunde liegende Naturmacht, die sich ins Geistige und Sittliche erhebt 
und verklärt; so wird Apollo der wissende und weissagende, der heilende 
und bekräftigende, der sühnende und reinigende, der erlösende und 
den verderblichen Mächten Verderben bringende Gott: er tödtet den 
Python und erlöst den Orest. 
Diese Götter sind keine Eigenschaften, sondern concrete Indivi 
dualitäten, sie bedeuten nicht dieses oder jenes, sondern sie sind, was 
sie sind, und haben jeder seinen besonderen Charakter. In der Be 
sonderheit ist auch die Zufälligkeit örtlicher und zeitlicher Art enthalten.
	        
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