Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Zweiter Theil] (8,2 / 1901)

Die orientalische Welt. 
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Daseins, aus der alles begehrliche Wollen, also das Wollen überhaupt 
quillt und mit ihm die Qual der Metempsychose (Seelenwanderung). 
Hegel nennt den Buddhaismus „die Religion des Jnsichseins" und 
unterscheidet zwei Formen desselben: die negative und die positive. In 
der negativen Form, welche im indo-chinesischen Buddhaismus die 
herrschende ist, gilt die Anbetung des Buddha dem verstorbenen, nur 
mythologisch in Sagen und Bildern gegenwärtigen Menschen; in der 
positiven dagegen, welche die des mongolischen Buddhaismus ist, er 
scheint Buddha in einem wirklichen gegenwärtigen Menschen, im Lama, 
dessen höchste Gestalt der Dalai-Lama in Tibet (Hlassa) ist. In der 
mongolischen Welt hat der Lamaismus das Schamanenthum, welches 
noch der Religion der Zauberei angehört, verdrängt und dadurch den 
Charakter der religiösen Vvrstellungsart erhöht. 
Wir müssen auf den Buddhaismus in der Religionsphilosophie 
zurückkommen und fassen uns deshalb an dieser Stelle so kurz wie 
möglich. Ueberhaupt sei hier bemerkt, daß in Hegels Vorlesungen 
über die Philosophie der Geschichte, der Kunst, der Religion und der 
Geschichte der Philosophie viele Gegenstände, wie es in Vorlesungen 
nicht anders sein kann, wiederholt werden müssen, während es in dem 
Interesse und der Aufgabe unseres Werkes liegt, solche Wiederholungen 
so viel als möglich zu sparen. 
III. Persien. 
1. Historische Mängel. 
Die Chinesen und Inder sind die beiden größten Völker Ost 
oder Hinterasiens. Das dritte (in weit höherem Sinn als jene beiden) 
welthistorische Volk sind die Perser, die durch Cyrus das west- oder 
vorderasiatische Weltreich, Aegypten inbegriffen, gestiftet haben: 
das erste Weltreich, welches im Lichte der Geschichte auf- und unter 
gegangen ist, also, da alles Geschichtliche das Entstehen und Vergehen 
in sich schließt, das erste geschichtliche Weltreich. 
Was die Voraussetzungen des persischen Weltreichs und die 
Staatenverhältnisse in Vorderasien betrifft, so herrscht bei Hegel einige 
Verwirrung, insofern erklärlich, als ihm die neueren Erforschungen 
der assyrischen Dinge (Asshriologie) nicht bekannt waren und sein 
konnten. Er läßt dahingestellt sein, ob die Katastrophe, welche dem 
assyrischen Reich ein Ende gemacht hat, die Zerstörung Ninives am 
Anfange des neunten (888) oder am Ende des siebenten Jahrhunderts 
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