Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Zweiter Theil] (8,2 / 1901)

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Die Philosophie der Geschichte. 
bringen; aber diese Vollbringung ist zugleich sein Untergang und das 
Hervortreten eines andern Geistes, eines andern welthistorischen Volkes, 
einer anderen Epoche der Weltgeschichte." 1 Die Veränderung, welche Unter 
gang ist, ist zugleich Hervorgehen eines neuen Lebens, so daß auch in 
der Weltgeschichte aus dem Leben Tod und aus dem Tode Leben her 
vorgeht. „Es ist dies ein großer Gedanke, den die Orientalen erfaßt 
haben und wohl der höchste ihrer Metaphysik. In der Vorstellung von 
der Seelenwanderung ist er in Beziehung auf das Individuelle ent 
halten, allgemeiner bekannt ist aber das Bild des Phönix von dem 
Naturleben, das ewig sich selbst seinen Scheiterhaufen bereitet und sich 
darauf verzehrt, sodaß aus seiner Asche ewig das neue, verjüngte, frische 
Leben hervorgeht. 
Um aber nicht in Bildern zu sprechen, sondern die Sache logisch 
zu fassen, wie sie Hegel schon in den Anfängen seiner Phänomenologie 
dargethan hat, so sind die niederen Stufen des Wcltgeistes nicht bloß 
vergangen, sondern sie sind in den höheren aufgehoben, d. h. zugleich 
erhalten und verklärt. „Es ist das Wichtigste im Auffassen und 
Begreifen der Geschichte, den Gedanken dieses Uebergangs zu haben 
und zu kennen. Ein Individuum durchläuft als Eines verschiedene 
Bildungsstufen und bleibt dasselbe Individuum: ebenso auch ein Volk, 
bis zu der Stufe, welche die allgemeine Stufe seines Geistes ist. In 
diesem Punkte liegt die innere, die Begriffs-Nothwendigkeit der Ver 
änderung. Das ist die Seele, das Ausgezeichnete in dem philosophischen 
Auffassen der Geschichte. " 3 
II. Die geographische Grundlage der Weltgeschichte. 
1. Die alte und die neue Welt. 
Es ist schon in der Naturphilosophie, als „der geologische Orga 
nismus" darzustellen war, von der Vertheilung von Meer und Land, 
von dem Bau und der Gliederung der Erdtheile und dem Unterschiede 
zwischen der alten und neuen Welt die Rede gewesen/ Die neue Welt 
hat die historische Bedeutung, von der alten colonisirt zu sein: Nordamerika 
durch Gründung von seiten der Engländer, Südamerika durch Eroberung 
von seiten der Spanier; die nordamerikanischen Staaten nach ihrem 
siegreichen Unabhängigkeitskriege bilden eine verfassungsmäßige Union 
* Ebendas. S. 79-89. - - Ebendas. S. 90. — - Ebendas. S. 90-98. 
(S. 97.) Ueber den Begriff des Aufhebens in der Phänomenologie vgl. oben 
Buch II. Cap. VI. S. 309 flgd. — «' Vgl. ebendas. Cap. XXV. S. 609—611.
	        
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