Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Zweiter Theil] (8,2 / 1901)

Die Sittlichkeit. 
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und Arbeitsgenossenschaft, die Angehörigkeit zu welcher durch die 
Tüchtigkeit der Leistung, die erprobte Befähigung der Person erworben 
wird, jedem Mitglieds eine familienartige Sorge und Sicherheit gewährt 
und zur öffentlichen Anerkennung und Standesehre gereicht. Die 
Familie und die Corporation, wie sie Hegel im Sinne hat, sind die 
beiden sittlichen Wurzeln des Staats. „Heiligkeit der Ehe und die 
Ehre in der Corporation sind die zwei Momente, um welche sich die 
Desorganisation der bürgerlichen Gesellschaft dreht." 1 
Die Corporation, wie Hegel sich dieselbe construirt, will nichts 
anderes sein als innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft eine Synthese 
zwischen ihr und der Familie. Die wahrhafte und höhere Einheit 
beider ist der Staat als die vollendete Sittlichkeit. 
III. Der Staat. 
1. Das Wesen des Staates. Rousseau und Haller. Staat und Religion. 
Wenn nach der Methode der philosophischen Entwicklung aus den 
Begriffen des Rechts und der Moralität der Begriff der Sittlichkeit 
und innerhalb des letzteren aus den Begriffen der Familie und der 
bürgerlichen Gesellschaft der des Staats hervorgeht, so wissen wir schon, 
wie dieser Fortgang zu nehmen ist: nicht zeitlich, sondern begrifflich; 
er geht in den Grund und die Tiefe. Was er zu Tage bringt, ist 
nicht das Spätere, sondern das in Wahrheit Frühere, wie Aristoteles 
treffend und tiefsinnig gesagt hat, das <pbasi oder \6yq> Ttpotspov. Der 
Staat ist nicht das Letzte, sondern das Erste: nicht erst die Familie, 
dann die bürgerliche Gesellschaft, endlich der Staat, sondern der Staat 
geht beiden voraus und scheidet oder dirimirt sich in die beiden Sphären 
der Familie und der bürgerlichen Gesellschaft. „Weil im Gange des 
wissenschaftlichen Begriffs der Staat als Resultat erscheint, indem er 
sich als wahrhafter Grund ergiebt, so hebt jene Vermittlung und 
jener Schein sich ebenso sehr zur Unmittelbarkeit auf. In der 
Wirklichkeit ist darum der Staat überhaupt vielmehr das Erste." 2 
Der Staat ist keine Versicherungsanstalt, wie er in der 
neueren Zeit meistens gefaßt worden ist: es sei nicht genug, daß die 
Rechte der Person und des Eigenthums existiren, sie bedürfen auch 
der Sicherheit und des Schutzes, d. h. einer Anstalt, welche mächtig 
1 Ebendas. § 238. S. 292. §§ 250-256. S. 300—305. — 2 Ebendas. 
§256. S. 305.
	        
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