Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Zweiter Theil] (8,2 / 1901)

720 
Die Wissenschaft vom objectiven Geist. 
i Ebendas. § 209. S. 264. — 2 Ebendas. § 217. Zus. S. 276. — 3 Eben 
das. § 215. S. 272 flgd. § 211. S. 265-268. 
2. Die Rechtspflege. 
Obgleich die Glieder der bürgerlichen Gesellschaft Privatpersonen 
sind und bleiben, so haben sie doch als Rechtspersonen eine öffent 
liche und allgemeine Geltung, die sich auf ihre Persönlichkeit und deren 
Selbstbewußtsein, also auf ihre rein menschliche, von allen übrigen 
religiösen und nationalen Verschiedenheiten unabhängige Bedeutung 
gründet: dieser der bürgerlichen Gesellschaft inwohnende kosmopolitische 
Charakter ist zu bejahen, aber dem Staate als der höheren sittlichen 
Ordnung der Dinge nicht entgegenzusetzen? 
In der bürgerlichen Gesellschaft gelten durch die Eigenthums- und 
Vertragsverhältnisse eine Menge von Rechten, die an sich vorhanden, 
aber nicht als solche gesetzt sind. Dieses Gesetztwerden des Rechts ist das 
Gesetz. Erst durch das Gesetz (Rechtsgesetz) wird das Recht festgestellt, 
positiv und offenkundig. „Das Gesetz ist das Recht, als das ge 
setzt, was es an sich wär." „Das Wesentliche der Form ist, daß das, 
was an sich Recht ist, auch als solches gesetzt sei." Eben darin besteht 
das Thema der Rechtspflege, daß die au sich vorhandenen und gültigen 
Rechte zu Gesetzen geformt, in dieser Form offenkundig gemacht und 
durch die Anwendung im Einzelnen ausgeübt werden? 
Weil die Gesetze allgemeingültig sind, darum müssen sie auch ge 
wußt werden und offenkundig sein, ihre Kenntniß soll dem Publicum 
weder, wie der Tyrann Dionysius wollte, entrückt, noch durch die Un 
verständlichkeit des gelehrten Rechts verborgen gehalten werden. Es 
ist ganz richtig, daß die Rechte aus dem Leben selbst hervorgehen, daß 
sie früher erlebt als gesetzlich geformt werden. Die lebendigsten Rechte 
sind die Gewohnheitsrechte; aber nichts hindert, daß die Gewohn 
heitsrechte gesammelt und codificirt werden; nichts hindert, daß sie 
unbeschadet ihrer Sammlung und Aufzeichnung fortfahren, Gewohn 
heitsrechte zu sein und zu bleiben? 
In der bürgerlichen Gesellschaft herrscht das Bedürfniß, in der 
Gegenwart der Drang nach einer offenkundigen Darlegung des Rechts 
in der Form systematisch geordneter Gesetzbücher. Es ist deshalb un 
erhört, der Gegenwart den Beruf zur Gesetzgebung abzusprechen, wie 
es durch die berühmte Schrift Savignys „Don dem Beruf unserer 
Zeit zur Gesetzgebung" (1815) eben damals geschehen war. „Wenn
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.