Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Zweiter Theil] (8,2 / 1901)

706 Die Wissenschaft vom objectiven Geist. 
dienen, worin das Leben besteht. So verhält es sich mit der Glück 
seligkeit, wie Crösus gemeint, der weise Solon aber nicht gemeint hat, 
der an den Wechsel des Glücks und die Unbeständigkeit des Lebens 
selbst dachte. Der Inbegriff und Grund aller wünschenswerthen Lebens 
zwecke und Lebensgüter ist das Leben selbst, aber das Leben ist nicht 
das höchste der Güter. 
III. Das Gewissen und das Gute. 
Der moralische Endzweck soll gewollt und erstrebt werden, nicht 
als Mittel für andere Zwecke, sondern nur um seiner selbst willen; 
es giebt keinen höheren Zweck: dieser höchste aller Zwecke hat nicht 
relative, sondern absolute Geltung; er besteht nicht in den Gütern, 
sondern er ist das Gute, dem von der subjectiven Seite der moralische 
Wille nicht mit seinen einzelnen Vorsätzen, auch nicht mit seinen wohl 
meinenden Absichten, sondern als der seiner Allgemeinheit und Unend 
lichkeit gewisse Wille, als das moralische Selbstbewußtsein oder als 
Gewissen gegenübersteht. Darum nennt Hegel die dritte und höchste 
Stufe der Moralität „das Gewissen und das Gute"? 
Das Gute als der moralische Endzweck, der unbedingt gilt, ist 
die Pflicht, die unter allen Umstünden und bloß um ihrer selbst 
willen erfüllt werden soll. Die Pflicht um der Pflicht willen! „Es ist 
das Verdienst und der hohe Standpunkt der kantischen Philosophie 
im Praktischen gewesen, diese Bedeutung der Pflicht hervorgehoben zu 
haben." 2 Aber der kantische Rigorismus fordert den beständigen Kampf 
zwischen Pflicht und Neigung, den beständigen Widerstreit zwischen dem, 
was der moralische Wille soll, und dem, was der natürliche Wille 
begehrt: was Schiller, den großen Verehrer und Schüler Kants, zu 
seinem witzigen, aber in der Sache falschen Epigramm veranlaßte. 
Da die Pflicht nicht aus Neigung zu erfüllen sei, so müsse man sie 
aus Abneigung erfüllen: „Da ist kein anderer Rath, du mußt suchen, 
sie zu verachten und mit Abscheu alsdann thun, wie die Pflicht dir 
gebeut"? Hegel stellt sich ganz auf die Seite Schillers und faßt auch 
die Nichtübereinstimmung zwischen Neigung und Pflicht als die Ueber 
einstimmung zwischen der Nicht-Neigung (Abneigung) und der Pflicht? 
i Ebendas. §§ 129—140. S. 167-204. - 2 Ebendas. § 133. Zus. S. 171 
bis 172. — 2 Vgl. dieses Werk. (Jubil.-Ausg.) Bd. V. Buch II. Cap. VIII. 
S. 109—111. — 4 Hegel. Bd. VIII. § 124. S. 162. Er citirt auch die Worte 
Schillers, aber, wie es in seinen Citaten nur zu häufig geschieht, ungenau. Die
	        
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