Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Zweiter Theil] (8,2 / 1901)

Die Moralität. 
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und falsch oder sophistisch sein kann, so gilt dasselbe von der moralischen 
Rechtfertigung durch die Motive. Die Kehrseite der Rechtfertigung ist 
die Verurtheilung oder Verwerfung. Nun ist es ganz falsch, eine un 
rechtliche Handlung durch gute Absichten, eine schlechte That durch das 
gute Herz rechtfertigen zu wollen; es ist ganz falsch trotz dem heiligen 
Crispin! Und auf der anderen Seite ist es ganz falsch, die großen 
und gewaltigen Thaten der weltgeschichtlichen Heroen in lauter kleine, 
selbstsüchtige, elende Motive auflösen und ans diese Weise verkleinern 
und entwerthen zu wollen. Natürlicherweise sucht jeder Mensch, je 
größer er ist, um so mehr, in seiner Thätigkeit auch seine persön 
liche Befriedigung, die man, abgesehen von der Größe der That und 
bloß psychologisch betrachtet, als Ehrgeiz, Ruhmesgier, Habsucht n. s. f. 
auslegen und in alle Gattungen der Selbstsucht auflösen kann. Die 
großen Männer der Weltgeschichte sind die Helden, diese Art ihrer 
Beurtheiler sind, wie Hegel sie vortrefflich genannt hat, die „Psy 
chologischen Kammerdiener" der Helden. „Solche Reflexion hält 
sich an das Subjective der großen Individuen, als in welchem sie selbst 
steht, und übersieht in dieser selbstgemachten Eitelkeit das Substantielle 
derselben; es ist die Ansicht «der psychologischen Kammerdiener, für 
welche es keine Helden giebt, nicht, weil diese keine Helden, sondern 
weil jene nur die Kammerdiener sind». «In magnis voluisse sät est» 
hat den richtigen Sinn, daß man etwas Großes wollen solle, aber 
man muß auch das Große ausführen können, sonst ist es ein nichtiges 
Wollen. Die Lorbeeren des bloßen Wollens sind trockene Blätter, die 
niemals gegrünt haben." 1 
Dieses Wort von den großen Individuen und den psychologischen 
Kammerdienern hat das Verdienst, wahr, durchaus originell und in 
der Art, wie es gesagt ist, höchst geistreich und witzig zu sein, es ist 
für die Person unseres Philosophen wie für den Geist seiner Lehre so 
charakteristisch, daß ich es meinen Lesern gern erleuchte und wiederhole, 
so oft der Gang der Sache mich dazu führt. 
Das Maximum des Wohls ist der glückseligste Lebenszustand, 
der im Haben, in der Fülle aller der Güter besteht, welche zur Be 
friedigung der Triebe und Bedürfnisse, der Begierden und Neigungen 
1 Ebendas. § 124. S. 163. Vgl. Philosophie der Geschichte. Bd. IX. 
S. 88-41. Vgl. oben Buch II. Cap.. XI. S. 410 u. 411. Die Worte, welche 
Hegel in der obigen Stelle allegirt, ohne ihren Ort zu nennen, stehen in der 
Phänomenologie des Geistes. Bd. II. S. 484—486. 
Fischer, Gesch. d. Milos. VIII. N. A. 
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