Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Zweiter Theil] (8,2 / 1901)

Die Moralität. 
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Träger sich selbst hervor, sie wird sich selbst Gegenstand, sie will und 
bezweckt nichts anderes als sich selbst; der Wille hat sein Dasein nicht 
in einem Aeußerlichen, sondern in ihm selbst, in einem Innerlichen. 
Die Moralität ist auch ein Recht, sie ist das Recht des subjectiven 
Willens in seiner vollen, inneren, darum noch ausschließenden und 
abstracten Freiheit. Schon in der Einleitung seiner Rechtsphilosophie 
hat Hegel kurz und treffend gesagt: „Der abstracte Begriff der Idee 
des Willens ist überhaupt der freie Wille, der den freien Willen 
will"? Der freie Wille realisirt sich nach außen, nach innen und 
in einer Wirklichkeit, welche beides vereinigt: sein äußeres Dasein ist 
das abstracte Recht, sein inneres Dasein die Moralität, seine volle 
Wirklichkeit ist die Sittlichkeit. 
Der menschliche Wille umfaßt das Gebiet der subjectiven Trieb 
federn, Absichten, Beweggründe u. s. f. Erst die Aeußerungen des 
moralischen Willens sind im eigentlichen Sinne des Wortes Hand 
lungen; das durchgängige Thema der Handlungen ist der Zweck, 
der sich zu entwickeln und eine Reihe moralischer Standpunkte oder 
Stufen zu durchlaufen hat, bis er sein Ziel erreicht. Dieses Ziel ist 
die Identität des subjectiven Willens und die Idee der Freiheit. Er 
füllt wird dieser Zweck erst in der Sittlichkeit; daher besteht die Form 
der Moralität in einer beständigen Forderung, in einem beständigen 
Sollen, darum auch in einer beständigen Spannung und Differenz 
zwischen dem moralischen Willen und der Welt? 
Was durch die Handlung zu Stande kommt und hervorgebracht 
wird, ist eine äußere Begebenheit, die als solche in die Welt und in 
den Zusammenhang der Dinge eintritt, ihre Folgen hat, die wieder 
ihre Folgen haben, die Umstünde verändern u, s. f. Nun ist es das 
Recht des moralischen Willens, in dem Vorgebrachten nur das Vor 
gesetzte als seine Handlung, in dem Verursachten nur das vorsätzlich 
Verursachte oder Verschuldete als seine Schuld anzuerkennen, seine 
Zurechnungsfähigkeit nur auf den gewollten und gewußten Inhalt seiner 
Handlung zu erstrecken: das ist „der Vorsatz und die Schuld". Oedi- 
pus ist thatsächlich Vatermörder; moralisch genommen, ist er keiner und 
kann als solcher nicht angeklagt werden; „das heroische Selbstbewußt 
sein in den Tragödien der Alten ist aus seiner Gediegenheit noch nicht 
zur Reflexion des Unterschiedes von That und Handlung, der äußer 
* Ebendas. Einl. § 27. S. 60. §§ 108 u. 104. S. 141-143. — - Ebendas. 
Zweiter Theil. Die Moralität. §§ 105-114. S. 144-152.
	        
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