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Die Wissenschaft vom objectiven Geist.
minium directum und ein dominium utile, einen Eigenthümer des
Gebrauchs und einen Eigenthümer der Sache oder des Werths,
(des Geldwerths), wie z. B. bei dem emphyteutischen Vertrage, den
Lehnsgütern u. s. f. Wenn das menschliche Selbstgefühl zwei Herren
hat, das wirkliche und das eingebildete Selbst, dann ist der psychische
Zustand des Individuums zerrüttet und zerrissen: der Mensch ist ver
rückt. Vergleichungsweise nennt Hegel diesen Rechtszustand, in welchem
zwei Personen Eigenthümer derselben Sache sind, „eine Verrücktheit
der Persönlichkeit", „weil das Mein in Einem Objecte unmittelbar
mein einzelner ausschließender Wille und ein anderer einzelner aus
schließender Wille sein soll."^
Die Freiheit der Person ist noch keineswegs auch die Freiheit des
Eigenthums. „Es ist wohl an die anderthalbtausend Jahre, daß die
Freiheit der Person durch das Christenthum zu erblühen angefangen
hat und unter einem übrigens kleinen Theile des Menschengeschlechts
allgemeines Princip geworden ist. Die Freiheit des Eigenthums
aber ist seit gestern, kann man sagen, hie und da als Princip an
erkannt worden. Ein Beispiel aus der Weltgeschichte über die Länge
der Zeit, die der Geist braucht, in seinem Selbstbewußtsein fortzu
schreiten — und gegen die Ungeduld des Meinens."^
Das Eigenthum ist die Herrschaft der Person über die Sache und
zeigt sich in der beständigen, der Sache inwohnenden Gegenwart und
Aeußerung des persönlichen Willens. Gegenwart, Fortdauer u. s. f.
sind Zeitbestimmungen, welche entstehen und vergehen. Die Feststellung
derjenigen Zeitdauer, kraft welcher eine Sache Eigenthum wird oder
aufhört zu sein, ist die Verjährung. Der verjährte Nichtgebrauch
macht ein Eigenthum herrenlos, der verjährte Gebrauch macht eine
herrenlos gewordene Sache zum Eigenthum. Daher läßt sich durch
Verjährung Eigenthum sowohl verlieren als auch erwerben. So sind
öffentliche Denkmäler, wie ägyptische und griechische Kunstwerke, im
Laufe der Zeit aus Nationaleigenthum in Privatbesitz übergegangen;
und andererseits geschieht es, daß im Laufe der Zeit die Werke der
Schriftsteller aufhören das Eigenthum ihrer Erben zu sein und in all
gemeines Eigenthum übergehen. Eine der ersten Bedingungen zur
Beförderung der Künste und Wissenschaften ist die Sicherung ihrer
Werke, der Schutz des geistigen Eigenthums gegen Diebstahl, wie zur
1 Ebendas. B. Der Gebrauch der Sache. §§ 59—62. S. 94—97. — 2 Eben
das. § 62. S. 97 u. 98.