Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Zweiter Theil] (8,2 / 1901)

Das Recht. 
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tigkeit; nicht aber folgt die Gemeinschaft der Güter oder die Gleich 
heit des Eigenthums. Die Gleichheit betrifft die Rechtsfähigkeit oder 
die Quelle des Besitzes, die Besonderheit und Ungleichheit des Eigen 
thums folgt aus der Besonderheit und Ungleichheit der Personen. „In 
diese Besonderheit fällt nicht nur die äußere Naturzufälligkeit, sondern 
auch der ganze Umfang der geistigen Natur in ihrer unendlichen Be 
sonderheit und Verschiedenheit, so wie in ihrer zum Organismus ent 
wickelten Vernunft."* 
Als Personen oder Vernunftwesen sind die Menschen gleich, als 
Individuen oder Naturwesen sind sie unendlich ungleich. Unter dem 
ersten Gesichtspunkt betrachtet, ist die Sklaverei als absolutes Unrecht 
zu verdammen; unter dem zweiten Gesichtspunkt ist sie zwar nicht zu 
rechtfertigen, wohl aber zu erklären und zwar aus dem eigenen Be 
wußtsein und Willen der Sklaven. „Hält man die Seite fest, daß 
der Mensch an und für sich frei sei, so verdammt man damit die 
Sklaverei. Aber daß jemand Sklave ist, liegt in seinem eigenen 
Willen, so wie es im Willen eines Volkes liegt, wenn es unterjocht 
wird. Es ist somit nicht bloß ein Unrecht derer, welche Sklaven 
machen oder welche unterjochen, sondern der Sklaven und Unterjochten 
selbst. Die Sklaverei fällt in den Uebergang von der Natürlichkeit 
der Menschen zum wahrhaft sittlichen Zustande: sie fällt in eine Welt, 
wo noch ein Unrecht Recht ist. Hier gilt das Unrecht und befindet 
sich ebenso nothwendig an seinem Platz." 2 
2. Der Gebrauch der Sache. 
Was das Verhältniß des Willens zur Sache betrifft, so ist dasselbe 
ein dreifaches, das sich in die Formen des positiven, negativen und 
unendlichen Urtheils fassen und darin aussprechen läßt. Das positive 
Urtheil erklärt die Besitznahme, das negative den Gebrauch, das 
unendliche die Veräußerung der Sache. Diese Urtheile sind hier 
die Urtheile des Willens. 3 
Das volle und freie Eigenthum berechtigt zu dem uneingeschränkten 
und vollen Gebrauch der Sache in ihrem ganzen Umfange, wogegen 
das Recht eines nur theilweisen und temporären Gebrauchs sich auf 
ein Eigenthum gründet, welches kein volles und freies ist; dann giebt 
es über dieselbe Sache zwei Herrschaften und zwei Herren: ein do 
1 Ebendas. § 49. S. 84 u. 85. — - Ebendas. § 57. Zus. S. 92-94. - 
3 Ebendas. § 55. S. 89.
	        
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