Volltext: Anton Obermüller

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Mitbrüdern an Deiner Seite wirken. Doch all Deinen Mit¬ 
arbeitern am Weinberge des Herrn (vgl. die Abbildung), 
die ebenfalls heute zu Deinem Jubelfeste herbeigeeilt sind, 
um Dir den schuldigen Dank abzustatten, warst Du stets 
ein väterlicher Freund und aufrichtiger Berater. Einen 
besseren Zeugen hiefür könnten wir wohl nicht anführen 
als den Umstand, daß sie fast alle, was ja noch lebhaft in 
unserer Erinnerung haftet, bei ihrem Scheiden vom stillen 
Dörfchen und ihren Bewohnern den Abschied bitter empfan¬ 
den. Und wenn auch mancher, der aus einer landschaftlich 
sehr schönen und verkehrsreichen Gegend in unsere abgeschie¬ 
dene Welt „verschlagen" wurde, anfangs glaubte, seiner 
Stimmung, die ihn in die Ferne zog, nicht Herr werden 
zu können, so dauerte es nicht lange, bis ihm, nicht zum 
wenigsten unter Deiner Einwirkung, alles lieb und teuer 
geworden war. Dann achtete er nicht mehr der Beschwer¬ 
nisse des Berufes, der täglichen Wanderschaft in die Neben¬ 
kirchen. Er fühlte sich hier schließlich wie in einem Vaterhause. 
Der Vater hat auch die Aufgabe, seine Familienmit¬ 
glieder zu schützen. Hierin ließest Du es sicher nicht fehlen. 
Kein Stand ist einer so verschiedenartigen Beurteilung aus¬ 
gesetzt als wie der geistliche; einerseits begeisterte Anhäng¬ 
lichkeit bis zum Überschwang, anderseits erbitterte Feind¬ 
schaft und geradezu blinder Haß. Wenn nun trübe Fluten 
schmutzigen Geifers gegen den einen oder den anderen Deiner 
Mitarbeiter sich ergossen, so hieltest Du den blinkenden 
Schild aufrichtiger Zuneigung über den Befehdeten und 
nicht selten glückte es Dir, die brandenden Wogen zu glät¬ 
ten. Wußtest Du doch auch aus eigener Erfahrung, daß 
blinder Haß selbst vor ben edelsten Empfindungen bes 
Menschenherzens nicht Halt macht. 
Das Wirken bes Seelsorgers kann unmöglich mit ber 
Besorgung ber religiösen Bebürfniffe abgeschlossen sein. Seine
	        
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