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Zeitungsleser, die helleren Köpfe, erwogen in
banger Sorge die Frage, ob Rußland die Ver
sprechungen seines serbischen Gesandten von
Hartmann einlösen, dadurch für das Deutsche
Reich die Bündnisfrage gegeben und der seit
lange drohende Weltkrieg gegen Deutschland ent
fesselt werden würde. Noch erlebte ich in dem
lieben friedlichen Bergnest das erste Aufrauschen
der stolzen Freude über die brüderliche Einigkeit
aller Völker deutscher Zunge, über den plötzlichen
herrlichen Friedensschluß der verschiedenen Rassen
und Nationalitäten der habsburgischen Mon
archie — aber dann hielt es mich nicht länger:
ich mußte unbedingt in der Heimat sein, wenn
die Kriegserklärung Rußlands oder gar die drei
Kriegserklärungen der Ententemächte an den
Dreibund erfolgten. Ich gelangte am 29. Juli
noch glatt, in nicht einmal überfüllten Zügen,
nach München.
Da sah es schon ganz anders aus. Alle Stra
ßen schwarz von Menschen, Autos über Autos
mit Offizieren, Extrablattverkäufer, die sich heiser
schrien, eine gewaltige Springflut heimwärts
flüchtender Ferienreisender, die im Nu alle Gast
häuser überflutete und den riefigen Hauptbahn
hof in einen toll gewordenen Ameisenhaufen ver-