Volltext: Der Freischütz [38]

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von außen, jeder Lichtblick, jeder Genuß gewann seinen: inneren 
Abglanz in Tönen in dem »Freischützen....« 
Zu allererst zog ihn die Partie des Ännchen an, die so ganz mit 
dem Wesen und der Talentrichtung seiner Braut übereinstimmte. Un- 
widerstehlich mußte er. diese Sachen zuerst komponieren, wobei ihm 
seine Karoline, seine liebe »Mukkin«, immer lebhaft vor Augen 
schwebte, »Du wirst also einst darin dein Porträt in einem neckischen, 
spitzbübischen Pumpernickel wiederfinden.« .. Kiner konsequenten 
Ausarbeitung der Oper standen indessen die vielen anstrengenden 
dienstlichen Verpflichtungen im Wege. Und die ersten zwei Frei- 
schützjahre brachten nur einzelne Fragmente zur Reife und zur 
Niederschrift. Das Tempo wurde beschleunigt, als Graf Brühl im 
Sommer 1819 das Werk für die Eröffnung des neuerbauten Berliner 
Schauspielhauses in. Aussicht genommen hatte. Dann gings wieder 
langsamer, als es hieß, daß der Eröffnungstermin verschoben worden 
sei und daß das Theater mit einem Werke Goethes eingeweiht werden 
solle. Nichts destoweniger hielt. Brühl daran fest, Webers Werk 
wenigstens als erste Opernvorstellung im neuen Hause zu geben. 
Am 20. Mai 1821 fand endlich die Premiere statt; das Ereignis 
hatte insofern erhöhte Bedeutung, als es durch die Verhältnisse in 
den hitzigsten Rivalitätskampf zwischen deutscher und italienischer 
Oper gezogen wurde. Seit Jahresfrist residierte Gasparo Spontini in 
Berlin als Generalintendant der Musik, vom König mit außerordent- 
licher Vollmacht ausgestattet, und bildete mit seinem zahlreichen 
und gewichtigen Anhang eine natürliche Opposition gegen die deutsche 
Musik.. Seine »Olympia« war am 14. Mai im. großen Opernhause 
mit sensationeller Prachtentfaltung gegeben worden; und die eben- 
falls von langer Hand vorbereitete, mit Spannung erwartete »Frei- 
schütz«-Aufführung wenige Wochen später, erschien zwangsläufig als 
Konkurrenzunternehmen. Der überwält.gende, beispiellose Erfolg des 
»Freischütz« war somit der Sache wie den Umständen nach ein Sieg 
der deutschen Kunst. Das Werk war vom Tage der Premiere. an 
»populär«, seine Melodien im Munde, im Herzen des Volkes, Erstaunt 
sah die Öffentlichkeit, wie die:junge deutsche Oper die stolze selbst- 
bewußte Schöpfung des gefeierten Maestro in den Schatten stellte. 
Die deutsche Operngeschichte verzeichnet kaum ein schöneres, ehren- 
volleres Datum. 
Weber war viel zu nobel gesinnt, um die Ausnützung des Erfolges 
zu persönlicher Polemik zu dulden. Ein gut gemeintes, aber vorlautes
	        
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