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des Hörers. Wunderbar, diese innige Verbindung von Keuschheit und
Zartheit mit stärkstem, leid: nschaftlichem Empfinden; wunderbar auch
das dramatische Accelerando; wie Agathens Sinn aus stiller Andacht:
»Leise, leise, fromme Weise« zu lodernder Liebesexaltation geführt
wird: »All meine Pulse schlagen und das Herz wallt ungestüm, süß
entzückt entgegen ihm«
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Ein Gefühlsausbruch, bei dem ‚das Wort seine Schwerkraft verliert
und die »falsche Deklamation« gewiß nicht stört. Auch im dritten
Akt ‚erhält Agathe ein musikalisches Juwel: die As-Dur-Kavatine:
»Und ob die Wolke sie verhülle«, Hier singt das bräutlich geschmückte
Mädchen, alternierend mit der Herzensstimme des Solovioloncells, von
rührendem Gottesvertrauen; und alle Beklommenheit löst sich in
süßem. Wohllaut, '
Das immer lustige Ännchen lernt man wohl am besten in dem
Eröffnungsduett. des zweiten Aktes kennen, wo sie dem sorgenvollen
Gemüt der Freundin lachend und tanzend die »Grillene wegdisputiert.
Einen weiteren Aufheiterungsversuch macht sie mit ihrer Ariette
»Kommt ein schlanker Bursch gegangen“, deren leicht- und froh-
gesinntem Bolero-Rhythmus auch Agathens bedrücktes Gemüt sich
schwer entziehen kann. Die Romanze des dritten Aktes hat Weber
für die Berliner Premiere nachkomponiert. Für den stelzbeinigen
Humor des Textes, sowie für die »Base mit kreidiger Nase« ent-
schädigt die entzückende Melodie: »Trübe Augen, Liebchen, taugen
einem holden Bräutchen nicht«: .
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Hier gibt’s für die konsequent falsche Deklamation allerdings keine
andere Erklärung-als die: daß die Melodie eben unabhängig ‚von den
Worten erfunlen wurde ...
Als Beethoven die Freischütz-Partitur durchgesehen hatte, rief er
in Gegenwart seiner Freunde: »Das sonst weiche Männel, ich hätt’s
ihm nimmermehr zugetraut! Nun muß der Weber Opern schreiben,
gerade Opern; eine über die andere und ohne viel daran zu knaupeln!
Der Kaspar, das Untier, steht da wie ein Haus. Überall, wo der Teufel
die Tatzen reinstreckt, da fühlt man sie auch!«
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