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rung nicht wir den Russen, sondern die
Russen uns, und zwar um ein beträcht¬
liches Stück voraus waren. Die Mobilisie¬
rung der Russen hatte, wie wir heute wissen, schon
im Mai, also vor dem Morde in Serajewo, begon¬
nen — und so konnte Rußland mit Über¬
macht gleich zu Beginn des Krieges in
Galizien einfallen, bevor noch unser
Aufmarsch in Galizien beendet war.
Infolge dieses Betruges von feiten Rußlands mußte
der österreichische Plan von vornherein mißlingen.
Doch unsere Führer, Erzherzog Friedrich und sein
Generalstabschef Conrad von Hötzendorf, wurden
trotzdem in ihren Entschlüssen nicht wankend. Sie
hatten dem Bundesgenossen gegenüber die Verpflich¬
tung übernommen, ihm den Rücken zu decken. Diese
Verpflichtung mußte erfüllt werden — Österreich-
Ungarn mußte seine Treue bis auf den letzten Mann
beweisen! Und es hat seine Pflicht erfüllt. Bitteres
Unglück ist in diesem Kriege der österreichisch-ungari¬
schen Armee nicht erspart geblieben, aber gerade im
Unglück zeigt sich der Geist einer Truppe. Trotz
schwerster Rückschläge brachen die österreichisch-unga¬
rischen Heere immer wieder zu neuem Angriff vor,
bis die Überzahl des Feindes in Trümmer geschla¬
gen und der russische Koloß zermürbt war. . . .
Die ersten Grenzkämpfe.
Schon in der Nacht auf den 1. August
eröffneten die Russen die Feindseligkeiten gegen
Deutschland — ohne Kriegserklärung. An verschie¬
denen Punkten griffen russische Patrouillen deutsches
Gebiet an. In Eydtkuhnen ritten Kosaken ein, starke
russische Kolonnen mit Geschützen überschritten bei
Schwiddern die Grenze, Kosaken griffen Iohannis-
burg an. Rur die Wachsamkeit der deutschen Grenz¬
truppen verhinderte ein weiteres Vordringen.
Es blieb also für die deutsche Re¬
gierung nichts anderes übrig, als auf