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So stand die Habsburger-Monarchie vor der
Notwendigkeit, zur Verteidigung ihrer Existenz einen
Krieg nach zwei Fronten zu führen: im Süden gegen
Serbien und Montenegro — zusammen 4y2 Millio¬
nen Einwohner —, im Norden gegen Rußland mit
feinen 176 Millionen Menschen.
Da die wehrhaften Männer ungefähr den zehn¬
ten Teil der Bevölkerung bilden, hatte Österreich-
Ungarn mit rund 5 Millionen Streitern nicht nur
der dreifachen Überlegenheit von 17 Millionen rus¬
sischer Soldaten, sondern überdies auch noch mehr
als einer halben Million Serben und Montenegriner
entgegenzutreten. Wohl stand an seiner Seite das
Deutsche Reich mit fast 68 Millionen Einwohnern,
also rund 7 Millionen Soldaten, gut gerüstet. Aber
Deutschland hatte ebenfalls einen Krieg gegen zwei
Fronten und war durch die Verhältnisse gezwungen,
sich mit seinen Hauptkräften zuerst gegen die Feinde
im Westen zu wenden. Deutschland konnte daher
von seinen 100 Divisionen nur 10 auf den östlichen
Kriegsschauplatz stellen, zum Schutze Ostpreußens.
Und so mußte Österreich-Ungarn im Anfang allein
dem russischen Riesenheere entgegentreten. Was das zu
bedeuten hatte, ersehen wir am besten, wenn wir die
Frage beantworten: Wieviel Truppen konnte Ru߬
land zu Beginn des Weltkrieges ins Feld stellen?
. Rußlands Wehrmacht umfaßt allein an Truppen
erster Linie 79 Infanterie- und Schützendivisionen
Und überdies über 35 Reservedivisionen, die der
ersten Linie unbedingt gleichzustellen sind. Dazu
kommen noch die 40 Divisionen Reichswehr (Land¬
wehr), von denen, wie es sich später zeigte, beträcht¬
liche Teile das Feldheer von Anfang an unterstütz¬
ten. Die russische Armee in ihrer Gesamtheit, d. h.
alle Reserven und Reichswehrformationen miteinge-
rechnet, zählte bei Kriegsbeginn etwa 165 Divisio¬
nen, mit denen sie im August 1914 ins Feld getreten
ist. Etwa 30 Divisionen setzten die Russen gegen Ost¬
preußen an, alles übrige stand für den Hauptsturm
gegen Österreich-Ungarn bereit.