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Der deutsche Einmarsch in Belgien.
Am 2. August ließ die deutsche Regierung der
belgischen mitteilen, daß sie zuverlässige Kunde dar¬
über besitze, daß Frankreich einen Aufmarsch starker
Kräfte an der Maaslinie Givet—Namur vorbereite,
um durch belgisches Gebiet gegen Deutschland vorzu¬
brechen. Es sei daher ein Gebot der Selbsterhaltung
für Deutschland, dem feindlichen Angriff zuvorzu¬
kommen; die deutsche Regierung stelle darum an
Belgien das Ersuchen, den Durchmarsch der deut¬
schen Truppen zu gestatten. Das Deutsche Reich be¬
absichtige keine Feindseligkeiten gegen Belgien und
es werde bei wohlwollender Neutralität jeden ver¬
ursachten Schaden ersetzen und beim Friedensschluß
den Besitzstand und die Unabhängigkeit Belgiens ge¬
währleisten. Die Antwort werde bis zum 3. August,
8 Uhr morgens, erwartet.
Belgien ließ den deutschen Vor¬
schlag unbeantwortet. Da sich also eine
friedliche Einigung mit Belgien als unmöglich er¬
wies, blieb der deutschen Heeresleitung nichts an¬
deres übrig, als den Durchmarsch zu erzwingen.
Deutschlands Existenz st and auf dem
Spiele — es mußte rasch gehandelt werden. In
der Nacht vom 3. auf den 4. August überschritten
deutsche Truppen die Grenze Belgiens.
Am 4. August gab der deutsche Reichskanzler im
Reichstage folgende Erklärung ab: „Wir find in
Notwehr, und Not kennt kein Ge¬
bot. Unsere Truppen haben Luxemburg besetzt und
haben vielleicht schon belgisches Gebiet betreten. Das
widerspricht den Geboten des Völkerrechtes. Das
Unrecht, das wir damit tun, werden wir wieder gut¬
machen, sobald unser militärisches Ziel erreicht ist.
Wersobedrohtist, wiewir, undumsein
Höchstes kämpft, der wird nur daran
denken, wie er sich dur ch h a u t."
Nun meldete sich sofort England und erklärte
Deutschland den Krieg mit der Erklärung, es könne