Volltext: Jüdische Herkunft und Literaturwissenschaft

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nicht zu den jüdischen Autoren gestellt, ebensowenig wie Saphir, da er 
nicht als Jude, sondern als verkommener Literat erscheint und seine 
Glaubensgenossen nichts mit ihm gemein haben." Mir ist er, der Hebbel 
1857 nicht die Hand geben wollte, da er „zu den Konsorten des Armen 
hauses" gehöre, lieber als die meisten seiner erfolgreichen Rassegenossen. 
Ein richtiger Lump scheint dagegen Heinrich Heines einstiger Freund 
Friedrich Steinmann (aus Kleve, 1801—1875) gewesen zu sein, 
der, nachdem er u. a. eine „Narrenbibliothek", „Berliner Schwärmer, 
Raketen und Leuchtkugeln", eine Revue „Mephistopheles" herausgege 
ben, nach der allgemeinen Annahme eine Menge „Heiniana", Briefe 
usw. fälschte. Nachprüfen muß man die Sache wohl noch einmal. Mit 
Heine in Briefwechsel stand auch Joseph Lehmann (aus Glogau, 
1801—1873), der mit ihm in Berlin zusammen studierte, und der dann 
das „Magazin für die Literatur des In- und Auslandes" redigierte. Mit 
arbeiter an Saphirs Zeitschriften und Mitbegründer des Berliner „Jüdi 
schen Kulturvereins" war Ludwig Lesser (aus Rathenow, 1802 bis 
1867), der 1833 „Freskogemälde und Genrebilder" veröffentlichte. 
In mehr dichterische Regionen gelangen wir mit Heinrich Stieg 
litz (aus Arolsen, 1801—1849), dem Neffen eines reichen Petersburger 
Bankiers, der durch den Selbstmord seiner Gattin Charlotte, geb. Will- 
höft (aus Hamburg, 1806—1834) bekannter geworden ist als durch 
seine Dichtungen: sie wollte ihn durch einen tiefen Schmerz gewisser 
maßen in höhere Regionen erheben. Merkwürdig, daß ihn auch die 
Juden als „völlig unbedeutendes Talent" bezeichnen — seine „Bilder 
des Orients" sind zwar von Goethe und Rückert abhängig, verraten 
aber doch eine große Formgewandtheit, Aufmachungstalent. „Was Heine 
recht, ist Stieglitz billig", habe ich einmal gesagt. — Nirgends als Juden 
angegeben finde ich den Dichter und Geschichtschreiber Eduard Arnd 
(aus Wongrowitz in Posen, 1801 oder 1802—1874), aber ich nehme 
an, daß er doch einer war, da Arnd sehr oft gleich Aaron ist, Geburts 
jahr und -tag nicht feststehen und Arnd in seiner Jugend neben einigen 
Dramen „Israelitische Gedichte" („Abrahams Opfer", „Moses", „Die 
Tochter Jephthas") verfaßt hat. In seiner „Geschichte der französischen 
Nationalliteratur", einem nicht unverdienstlichem Werke, las ich neulich 
über Voltaire: „In dieser Arbeit" („Essai sur l’esprit et les moeurs 
des nations“) „entstellt er besonders die jüdische Geschichte, so wie sie
	        
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