Volltext: Jüdische Herkunft und Literaturwissenschaft

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bin ich soviel Franzose als Deutscher. Was mich betrifft, so war ich, 
Gott sei Dank, nie ein Tölpel des Patriotismus; dieser Köder des 
Ehrgeizes, sei es der Könige, sei es der Patrizier oder der Völker, hat 
mich nie gefangen." Menzel gegenüber sucht er diese Äußerung später so 
auszulegen, als habe er sich nur gegen den Mißbrauch des Patriotismus, 
der etwas Angeborenes, Natürliches und Heiliges sei, ausgesprochen, 
aber dabei fällt dann wieder das charakteristische Wort: „Was heißt 
Unterschied der Nationen?" Das letzte Wort über Börne hat schon der 
alte Zelter, als er die „Briefe aus Paris" gelesen hatte (Brief an Goethe 
vom 3. Dezember 1831.), gesprochen: „Dieser ehrliche Ochs ist aus dem 
Schlachthause mit einem verfehlten Schlage am Kopfe entlaufen." — 
Sehr viel wichtiger als die Börnes ist die Erledigung Heines, mit dem 
das literarische Judentum stehen oder fallen zu wollen scheint. Mein 
Buch „Heinrich Heine, auch ein Denkmal" war die sehr notwendig ge 
wordene große Kampfschrift, nun muß das abschließende wissenschaft 
liche Werk kommen. Möglich ist es jetzt, denn wir haben fast alle 
Briefe Heines gedruckt. Die Juden ahnen auch bereits, was auf dem 
Spiel steht, und die letzte große Heine-Biographie, die von Max I. Wolfs, 
trägt denn ausgesprochen den Charakter der sanft entschuldigenden Apo 
logie. Eine andere (leider in der Universalbibliothek erschienene) Lebens 
beschreibung unterdrückt einfach die fast vollständige Abhängigkeit Heines 
von unsern großen deutschen Lyrikern, Goethe, Uhland, Eichendorff, 
W. Müller, und läßt auch über die böseste Veröffentlichung Heines, seine 
„Geständnisse", nichts vernehmen. Es wird aber nicht viel helfen: „Die 
wahrhaft gebildeten Deutschen wissen jetzt, daß der Dichter Heine noch 
weniger als ein Virtuos, zuletzt nur „Aufmacher" und der politische 
Schriftsteller und Mensch Heine ein vollkommener Lump ist. Die brief 
lich festgelegten Verhältnisse zu Meyerbeer, Liszt, den Häusern Roth 
schild und Fould liefern die unumstößlichen Beweise. Die deutsche Demo 
kratie, im besonderen die Sozialdemokratie, aber auch Typen wie der 
ehemalige Reichskanzler Wirth vom christlichen Zentrum möchten von 
dem „großen" Juden zwar immer noch nicht lassen — nun, uns Völki 
schen kann's recht sein: Der große geistige Judenkrach wird ja eines 
Tages so gut kommen wie der politisch-wirtschaftliche, der, siehe Barmat- 
Kutisker-Skandal usw., schon teilweise eingetreten ist. 
Mit der Julirevolution, den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhun-
	        
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