Volltext: Georg Loesche als Geschichtsforscher

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Im Jahre 1904 (Dr. theol. Gustav W. Frank, Gedenkblatt. 
Leipzig, 1905. Sonderabdruck aus dem 4. Bande von Franks Geschichte 
der Protest. Theologie) erinnert er (Seite 21): „Hätte er (Frank) die 
Akten im Archive des Ministeriums für Kultus und Unterricht herbei 
gezogen, so würde er die von ihm vermißte italienische Uebersetzung 
der Urkunde (Patent vom 8. April 1861) gefunden haben?" — Wie 
reimt sich das zusammen mit der für diese Zeit (1848 bis 1916) be 
haupteten angeblichen Archivsperre? 
Im Jahre 1909 Monumenta ^ustriae UvanZelica, Seite 17, 
das heißt keine Monumenta, sondern bloß ein sogenannter „Plan" 
für ein Zukunftswerk gleichen Namens): „Man kann die wichtigsten 
Staats- und Landesarchive bereits nach Wunsch ausbeuten." 
Im Jahre 1911 (Von der Duldung zur Gleichberechtigung, 
Seite IX): „Die Grenze der archivalischen Forschung war durch das 
Jahr des Patentes (1861) und der angegliederten Gesetze gegeben." 
Im Jahre 1920 (Sechzig Jahre Protestantenpatent) — Loesche 
gibt gerne Festschriften heraus, wenn auch das Festjahr noch nicht 
einmal angebrochen ist — Seite 28: „Auch über das am 8. April 
1861 erflossene Protestantenpatent sind wir ausführlich unterrichtet. 
Aber selbst für dieses blieb eine Aehrenlese möglich durch eine seit dem 
Umsturz etwas erweiterte Archivbenützung." 
Im Jahre 1926 (Flugzettel): „Denn die Staatsarchive waren 
während der ganzen Regierung Kaiser Franz Josephs I. für die Er 
forschung von dessen Zeit gesperrt." 
Die Entwirrung dieses Knäuels von einander widersprechenden 
Aussagen mag seinen Freunden anheimgestellt bleiben. 
Was Loesche über das Patent als für das Jahr 1920 giltig 
anführt, ist unwahr; was er damals neu vorbrachte, betrifft lediglich 
die Besprechung des Schmerling'schen Patent-Entwurfes, beziehungs 
weise Patentes in den Sitzungen des Ministerrates vom 22. Januar 
bis 13. Juni 1861. 
Man kann sich wohl das schmerzliche Gefühl vorstellen, welches 
jemandes sich bemächtigt, der in ungestümem Drange, mit Neuigkeiten 
aufzuwarten, auf verschlossene Türen stößt und plötzlich gehindert wird, 
seiner Feder zügellosen Lauf zu lassen. Aber einem Fachmanne be 
gegnet das nicht. Selbst wenn die Berufung auf die Staatsarchive 
stichhältig wäre, würde durch deren ablehnende Haltung bloß die Un 
kenntnis der dort verwahrten Archivalien gerechtfertigt werden können. 
In ähnlicher Lage weiß jeder Fachmann, was zu tun ist. Er 
trachtet, aus anderen, ihm zugänglichen Archiven und Sammlungen 
Ersatz zu holen für die staatlicherseits ihm vorenthaltenen Stücke, 
insbesondere auch aus Nachlässen von Amtspersonen. Diesbezüglich 
hat es der Forscher sonst kaum so leicht, wie rücksichtlich Thuns Amts 
wirksamkeit, worüber mein Bericht in der Schrift „Georg Loesche usw." 
(Steyr, 1927), Seite 7 f., verglichen werden wolle. Die wichtigsten 
Aktenstücke hätte Loesche an bequem zugänglichen Orten einsehen können, 
wenn er an ihre Eigentümer herangetreten wäre. Sogar die von mir 
ihm empfohlene, reichhaltige Sammlung Joseph Andreas Zimmermann
	        
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