Erfahrungen.
Forschungsanst. f. Kriegs- u. Heeresgesch.: Darstellungen a. d. Nachkriegskämpfen. 12
ist für die Nachkriegszeit und für den späteren Friedenszustand glänzend
gelungen.
Die Maßnahmen nach Eintritt des Zusammenbruchs, der Abschub
unbrauchbarer Verbände und die Bildung der Freiwilligen-Abteilnngen
sind im ganzen genommen wohl zu zögernd ergriffen worden. Man hoffte
zulange auf die von der Obersten Heeresleitung in Aussicht gestellte, prak-
tisch nicht durchführbare Zuführung von Divisionen aus dem Westen. Die
Aufgabe war zu neu. Es fehlte in dem überalterten Ostheer der Stamm
an jungen, unternehmungslustigen Führern, der das Rückgrat jeder Neu-
bildung hätte liefern müssen. Auch die — schmerzlichen — Erfahrungen
hinsichtlich der Auswahl der Mannschaften mußten erst gemacht werden.
Man wird in ähnlichen Lagen nicht zögern dürfen, in Anlehnung an die
auch auf der Höhe militärischer Disziplin zu haltenden höheren Stäbe
kleinere Stoßtrupps zu bilden, die nötigenfalls mit rücksichtsloser Gewalt
die Herde der Massenerkrankung beseitigen. Die Belassung der guten
Elemente in einer verseuchten Umgebung hat sich nicht bewährt. Sie setzt
diese der Ansteckung und dem Mitsortgerisseuwerden aus. Ganz besondere
Aufmerksamkeit ist in diesem Zusammenhang der Feldgendarmerie
und Militärpolizei zu widmen, die nicht die Rolle gespielt
zu haben scheinen, die sie als Stützen der Kommandobehörden hätten
spielen müssen.
Daneben bleibt, wie schon erwähnt, in allen kritischen Lagen immer
maßgebend und entscheidend die Einwirkung der Führerpersönlichkeiten.
Wenn solche Krisen vom Schreibtisch aus oder im Verhandlungswege zu
lösen gewesen wären, dann wäre die Krise im Ostheer schon im Entstehen
unterdrückt worden. Daß dies nicht gelang, lag mit daran, daß die Führer
bis weit herunter auf der militärischen Stufenleiter durch die Gewohn-
heiten des Stellungskrieges und die Eigenart des Besatzungsdienstes die
unmittelbare Einwirkung auf die Truppe bis zu einem gewissen Grade
verloren hatten. Wie dies anders gemacht werden soll, wie auch im Krieg
von heute die innere Verbundenheit zwischen Führer und Mann so fest
geknüpft und erhalten werden kann, daß sie auch die schwerste Bean-
sprnchnng nicht nur durch äußere Einwirkungen, sondern vor allem auch
durch psychische Vorgänge aushält, das gehört zu den schwierigsten
Problemen militärischer Erziehung und Führung überhaupt. Die Er-
fahrungen bei der Rückführung des Ostheeres können zu ihrer Lösung nicht
unwesentlich beitragen.