Volltext: Serbien und der Weltkrieg (Band III 1931)

worden sind, so daß bereits im Herbst 1913 die Gefahr eines bewaffne¬ 
ten Einschreitens gegen Serbien bestand, die nur durch das Nachgeben 
Serbiens auf die ultimative Note des Grafen Berchtold vom 17. Oktober 
1913, wobei die Ratschläge zur Mäßigung an Serbien von deutscher 
Seite und diejenigen Italiens an Österreich das ihrige zur Abwendung 
der nur für kurze Zeit aufgeschobenen Abrechnung mit Serbien bei¬ 
getragen haben mögen, in letzter Stunde beseitigt wurde1). 
Wie sich die weitere Entwicklung der serbisch-österreichischen Be¬ 
ziehungen bis zur Ermordung des österreichischen Thronfolgers ge¬ 
staltet hat, ist aus den von mir veröffentlichten Akten, die zeitlich 
bis zum Ausbruche des Weltkrieges reichen, trotz ihrer verhältnis¬ 
mäßig geringen Zahl, vor allem aber aus der in dieser Beziehung grund¬ 
legenden österreichischen Aktenpublikation zu ersehen und bedarf 
auch schon aus dem Grunde keiner weiteren Erörterung, weil sie an 
dem Grade der Verantwortlichkeit der beiden Staaten in der Frage 
der systematischen Vorbereitung ihres Entscheidungskampfes nichts 
mehr zu ändern vermag. Die historischen Quellen lassen keinen Zweifel 
darüber übrig, daß man nicht mehr von einer Vernichtungsabsicht 
Serbiens durch Österreich-Ungarn, sondern nur von einer Vernichtungs¬ 
absicht Österreich-Ungarns durch Serbien sprechen kann. Daran wird 
auch der fanatischste Gegner der Donaumonarchie und ihres Regie¬ 
rungssystems nicht achtlos vorübergehen können. 
Es ließe sich noch vieles über die auswärtige Politik Serbiens von 
1903 bis 1914 und über die serbisch-österreichischen Beziehungen sagen, 
und das noch ausstehende amtliche englische und russische Akten¬ 
material, vor allem aber das serbische selbst, wenn es je das Licht der 
Welt erblicken sollte, wird noch manche wertvolle Ergänzung bringen, 
aber die grundlegenden Gesichtspunkte der ganzen Frage werden 
keine Änderung mehr erfahren. 
Wie gering und von wie sekundärer Bedeutung sind all die erst nach¬ 
träglich aufgestellten und so aufgebauschten Behauptungen, deren Haupt¬ 
zweck der Entlastungsversuch der serbischen Regierung und serbischer 
aktivistischer propagandistisch-nationalistischer Kreise von der Ver¬ 
antwortlichkeit am Ausbruche des Weltkrieges ist, von der angeblichen 
Initiative der bosnischen Jugend an den gegen den Bestand der öster¬ 
reichisch-ungarischen Monarchie inszenierten terroristischen Aklionen 
und von den angeblichen Warnungen der serbischen Regierung in 
Wien vor Attentatsplänen im Verhältnisse zum Grundproblem des ser¬ 
bischen Staatsgedankens und der ganzen serbischen Ideologie, wobei 
besonders zu berücksichtigen ist, daß der Mordgedanke als Mittel der 
Politik in Serbien ebenso wie in den übrigen Balkanländern die aus¬ 
schlaggebende Rolle gespielt hat. 
*) Serb. Akt., Bd. II, Nr. 870, „Kriegsursachen“, S. 73—75. 
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