Volltext: Serbien und der Weltkrieg (Band III 1931)

Gebiete zwischen Serbien und Bulgarien zeitigen würde1). Anscheinend 
hat aber Rußland damals noch nicht damit gerechnet, daß der unter 
seiner Ägide so mühselig zustande gekommene Balkanbund so rasch 
in die Brüche gehen würde, denn sonst hätte es in diesen Fragen Öster¬ 
reich einen noch stärkeren Widerstand entgegengesetzt und es viel¬ 
leicht schon damals auf den europäischen Konflikt ankommen lassen, 
dessen Verhinderung, wie wir gesehen haben, bereits auf so schwachen 
Füßen stand, daß sie eigentlich nur von der Gnade der Balkanstaaten, 
und sogar des kleinsten von ihnen, Montenegros, abhing* 2). 
In chronologischer Folge der für die auswärtige Politik Serbiens 
maßgebenden Ereignisse wirkten sich die Serbien in den Weg treten¬ 
den Schwierigkeiten bezüglich Albaniens auch auf die serbisch-bul¬ 
garischen Beziehungen aus, und schon vom Januar 1913 ab finden sich 
bereits in den verschiedenen Dokumentensammlungen die Vorboten 
des nahenden Konfliktes unter den Bundesgenossen vor3), wobei die 
Gruppierung Serbien, Griechenland und Montenegro, denen sich 
Rumänien der wenig entgegenkommenden Haltung Bulgariens in der 
Silistriafrage wegen, immer mehr und mehr anschloß4), auf der einen 
*) Serb. Akt., Bd. II, Nr. 745: Weisung an den Botschafter in London vom 
13. Dezember 1912, auf den serbischen Friedensdelegierten einzuwirken, daß 
Kompensationsforderungen Serbiens an Bulgarien wegen entgangenen territorialen 
Erwerbes in Albanien und an der Adria die bekannten Grundlagen des serbisch- 
bulgarischen Abkommens verletzen würden und daher von Rußland weder Unter¬ 
stützung noch Sympathie finden könnten. Vgl. Deutsch. Dok., Bd. XXXIV, Nr. 12 957, 
abgedruckt Serb. Akt., Bd. II, Nr. 780. 
2) Das Verhalten Montenegros anläßlich der Skutarikrise. Siehe diesbezüglich 
Serb. Akt., Bd. II, Nr. 803, und die S. 123, Anm. 3 erwähnten Äußerungen Paschitschs. 
3) Serb. Akt., Bd. I, Nr. 263, 264, 266, 284, 303, 306; Serb. Akt., Bd. II, Nr. 776, 
789, 807, 808; Ost. Dok., Bd. V, Nr. 5714, 6062, Bd. VI, Nr. 6655, 6688, 6713, 
6771, 6967. 
4) Über die Haltung Rumäniens geben die serbischen Akten wichtige Auf¬ 
schlüsse, die wie bei der Annexionskrise zeigen, daß Rumänien mit seinen Sym¬ 
pathien auf Seiten Serbiens stand. Serb. Akt., Bd. I, Nr. 217. Insbesondere ist 
in dieser Beziehung auf die Ansichten Take Jonescus, die im Berichte des ser¬ 
bischen Gesandten aus Bukarest vom 27. Dezember 1912 wiedergegeben werden, 
hinzuweisen. Siehe Serb. Akt., Bd. I, Nr. 252. Über die allgemeinen Richtlinien 
der rumänischen Politik, namentlich soweit sie sich auf die Balkanfragen beziehen, 
lenke ich die besondere Aufmerksamkeit auf den Privatbrief des rumänischen 
Gesandten in Berlin, Alexander Beldiman, an den Staatssekretär des Auswärtigen 
Amtes, von Jagow, vom 7. September 1913, abgedruckt: Deutsch. Dok., Bd. XXXIX, 
Nr. 15 794, S. 443 ff. Aus den einzelnen Dokumenten, namentlich den öster¬ 
reichischen, ist ferner zu ersehen, daß auch die persönliche Einstellung König 
Karols nicht mehr eine solche gewesen ist, daß Österreich-Ungarn und Deutsch¬ 
land unter allen Umständen unbedingt auf ihn rechnen konnten; es zeigt sich 
vielmehr, daß die Entente, und speziell Rußland, nicht nur bei den rumänischen 
Staatsmännern, sondern auch beim König seit den Balkankriegen stark an Einfluß 
gewonnen hat. Uber die zweideutige Haltung der rumänischen Diplomatie 
greife ich aus der Fülle der Akten einen wohl sehr charakteristischen öster¬ 
reichischen Bericht, öst. Dok., Bd. V, Nr. 4914, des Gesandten Prinzen Karl 
Fürstenberg aus Bukarest vom 14. Dezember 1912 heraus, in dem derselbe auf 
seine Vorstellungen über das Verhalten des rumänischen Gesandten, Prinzen 
Demeter Ghika, in Sofia beim Ministerpräsidenten Titu Majorescu folgende Ant- 
181
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.