der Herzegowina in rechtlicher Hinsicht normal geblieben ist, hat die
königliche Regierung durchaus nicht die Absicht, einen Krieg mit der
benachbarten Monarchie hervorzurufen, und wünscht durchaus nicht,
die rechtlichen Beziehungen zwischen den beiden Mächten und ihre
Haltung korrekter Nachbarschaft zu modifizieren. Sie verlangt auch
durchaus nicht von Österreich-Ungarn als Folge der bos-
nisch-herzegowinischen Frage irgendeine Kompensa¬
tion territorialer, politischer oder wirtschaftlicher Na¬
tur. Sofern die bosnisch-herzegowinische Frage als eine interne öster¬
reichisch-ungarische oder als eine österreichisch-türkische Frage be¬
trachtet wird, enthält sich Serbien jeder Einmischung. Serbien hat
seine Stimme erhoben und hat seinen Standpunkt in dieser Frage dar¬
gelegt nur solange und nur insoweit, als diese Frage einen europäischen
Charakter behält1). Folglich, wenn die Signatarmächte des Berliner
Vertrages zugeben, daß die bosnisch-herzegowinische Frage durch das
österreichisch-türkische Abkommen gelöst ist, oder wenn diese Signatar¬
mächte aus irgendeinem Grunde sich indiesem Augenblicke
über die Frage nicht äußern wollen, so wird Serbien ihrem Beispiel
folgen und sich in Zukunft jeder Diskussion enthalten. Wenn hin¬
gegen die Mächte die Prüfung der Fragen, die mit der Anerkennung
der Annexion und der neuen Fassung des Artikels 2 5 des Berliner Ver¬
trags Zusammenhängen, in ihre Hände nehmen, so wird Serbien ihnen
als einem kompetenten Tribunal seinen Standpunkt unterbreiten, in¬
dem es vollkommen und ohne Vorbehalt ihrer hohen Einsicht und
Billigkeit vertraut. Was die militärischen Rüstungen Serbiens anlangt,
so stehen sie in keinem Zusammenhang mit der bosnisch-herzego-
winischen Krise, sondern werden durch unsere allgemeinen Bedürfnisse
bedingt, was schon durch die Tatsache bezeugt wird, daß sie auf Grund
eines Gesetzes stattfinden, das noch vor der Proklamation der Annexion
erlassen wurde. Was die militärischen Maßnahmen anlangt, die die
Vorbereitung der Mobilisation und die Sicherung unserer an Österreich-
Ungarn grenzenden Gebiete betreffen, so ist Serbien bereit, die Rüstun¬
gen, obwohl sie einen durchaus defensiven Charakter tra¬
gen1 2) und aufs äußerste Minimum beschränkt sind, zu unterbrechen
und rückgängig zu machen, wenn Österreich-Ungarn seinerseits bereit
ist, die normale militärische Lage an seiner serbischen Grenze wieder¬
herzustellen, — oder aber, wenn die Mächte uns garantieren wollen,
daß Österreich-Ungarn uns nicht angreifen wird.“ Sergejew.
1) Diese Note strotzt vor Überhebung und Kasuistik. D. V.
2) Und die Bandenbildung an der bosnischen Grenze? Vgl. Aktenstück Nr. 444
S. 44 Anm.'i. D. V.
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