Volltext: Diplomatische Geheimakten aus russischen, montenegrinischen und sonstigen Archiven (Band II 1929)

Nr. 455. 
Inhaltsangabe eines Telegrammes des russischen Aus- 
senministers an den russischen Gesandten in Belgrad.x) 
Petersburg, den i4«/27* Februar 1909. 
Nach dringendem Anraten, Serbien solle sich zu einem Verzicht 
auf territoriale Kompensationen entschließen, heißt es: Es ist kaum 
anzunehmen, daß die bosnisch-herzegowinische Frage in nächster 
Zukunft gelöst werden wird; unser Standpunkt ist nach wie vor der¬ 
selbe: er hat in unserem Zirkular vom 9. Dezember Ausdruck gefunden; 
eine allgemeine Einigung aller Mächte auf der Konferenz ist kaum 
möglich; die Annexion wird nicht formell sanktioniert werden; Pa- 
schitschs Wunsch wird nicht erfüllt werden. Was eine Bahn durch 
türkisches Territorium anlangt, werden wir bei den Verhandlungen 
mit der Türkei energisch darauf bestehen. 
Nr. 456. 
Telegramm des russischen Gesandten in Belgrad 
an den russischen Außenminister.2) 
Belgrad, den '2 März 1009- 
Ich habe mich Milowanowitsch gegenüber im Sinne Ihres Tele¬ 
grammes ausgesprochen. Der von uns der königlichen Regierung gege¬ 
bene Rat wird im Ministerrat besprochen, und die Entscheidung mir 
morgen mitgeteilt werden. Aus meiner Unterredung mit dem Außen¬ 
minister habe ich den Eindruck, daß die Regierung nachgibt. In seiner 
Antwort wird mir Milowanowitsch, soviel ich bisher beurteilen kann, 
wahrscheinlich mitteilen, daß Serbien nicht die Absicht hat, 
irgendwelche kategorische Forderungen territorialer 
oder wirtschaftlicher Natur zu stellen, so daß es folglich 
gar nicht nötig hat, auf die ersteren zu verzichten. Serbien legt sein Ge¬ 
schick ganz in die Hände der Großmächte, indem es im voraus ihre 
Entscheidung annimmt und es ihnen überläßt, zu entscheiden, 
ob man die serbisch-bosnische Frage gleich lösen oder 
diese Lösung auf einen günstigeren Zeitpunkt verschie¬ 
ben solle. Jetzt schon direkte Verhandlungen mit Österreich aufzu¬ 
nehmen, hält er nicht für ratsam. Gemäß erhaltenen Instruktionen ha¬ 
ben die Vertreter Frankreichs, Englands und Italiens Milowanowitsch 
nach meinem Besuch bei ihm mitgeteilt, daß ihre Regierungen sich der 
russischen Ansicht anschließen. S e r g e j e w. 
Benckendorff Bd. I, Nr. 28, S.48. 
2) Benckendorff Bd. I, Nr. 27, S.5i. 
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