Volltext: Diplomatische Geheimakten aus russischen, montenegrinischen und sonstigen Archiven (Band II 1929)

endgültigen Meinungsaustausch mit Paschitsch über das in Aussicht ge¬ 
nommene Übereinkommen zu treten und mit einem fertigen Programm 
nach Cetinje zu kommen. 
Natürlich hat sich Paschitsch wohlweislich enthalten, ein Programm 
auszuarbeiten, bestätigte aber mit Vergnügen dem montenegrinischen 
Vertreter mündlich, daß er mit den von mir schon früher erwähnten 
Grundlagen eines Übereinkommens einverstanden sei, nämlich: Erhaltung 
der Dynastie und der Unabhängigkeit beider Staaten; Verschmelzung der 
beiden Armeen, wobei die beiden Monarchen die Kommandogewalt über 
•die in den Grenzen eines jeden Königreichs befindlichen Truppen bei¬ 
behalten; Gründung eines gemeinsamen Generalstabes, welcher gemein¬ 
sam die militärischen Pläne ausarbeiten wird; gemeinsame Orientierung 
der auswärtigen Politik und gemeinsame Auslandsvertretung; gleich¬ 
artige gerichtliche und administrative Behörden; Vereinigung der Fi¬ 
nanzen, der Zölle, der Post und Telegraphen. 
Miuschkowitsch hat von diesen Wünschen Kenntnis genommen und 
sich nach Cetinje begeben. Man besitzt hier keine offiziellen Nachrichten 
über den Erfolg seiner Mission, aber aus geheimen Informationen geht 
hervor, daß König Nikolaus seinem Gesandten einen sehr ungnädigen 
Empfang bereitet hat und in eine nähere Besprechung über den ihm 
gegebenen Auftrag nicht eingetreten ist. Ebenso ablehnend ist der Emp¬ 
fang von seiten der Minister gewesen. Unter diesen Bedingungen ist 
schwer damit zu rechnen, daß die serbischen und montenegrinischen Ver¬ 
handlungen in nächster Zeit zu einem günstigen Resultat führen werden. 
Unterdessen habe ich das geheime Schreiben des Ministergehilfen 
Neratow vom 17. April Nr. 289 erhalten, durch das ich beauftragt werde, 
mit dem serbischen Ministerpräsident über die militärische Lage in Mon¬ 
tenegro in Verbindung mit der inneren und finanziellen Politik zu 
sprechen. 
Nachdem Paschitsch von mir erfahren hatte, daß wir prinzipiell be¬ 
reit seien, die Frage der russischen Militärinstrukteure im Einklänge mit 
den serbischen Plänen in Montenegro zu lösen, bat mich Paschitsch, 
Ihnen seine aufrichtigste Dankbarkeit für unser beständiges Interesse 
für Serbien auszudrücken. Er bittet mich, Ihnen zu versichern, daß in 
dem in Aussicht genommenen serbisch-montenegrinischen Übereinkom¬ 
men die russischen Wünsche hinsichtlich der militärischen Fragen be¬ 
rücksichtigt werden sollen. 
Hartwig. 
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