Volltext: Diplomatische Geheimakten aus russischen, montenegrinischen und sonstigen Archiven (Band II 1929)

besitzt Österreich in Albanien ein wirksames Mittel. In Belgrad und 
Athen muß man verstehen, daß jede Unvorsichtigkeit ihrerseits Öster¬ 
reich nur nützen kann, da hierdurch die Unzufriedenheit Rumäniens her¬ 
vorgerufen werden würde, während Österreich und Italien, sich selbst in 
Albanien überlassen, sich letzten Endes entzweien werden. 
Diese Lage und die Erkenntnis, daß das Wiener Kabinett einen Fehler 
begangen hat, indem es Bulgarien während der letzten Krise unterstützt 
hat, rufen in Österreich-Ungarn jene allgemeine Nervosität hervor, die 
sich in letzter Zeit bemerkbar macht. 
Zum Schluß möchte ich mein Bedauern darüber aussprechen, daß 
unsere und besonders die französischen Zeitungen ihrer Freude anlä߬ 
lich der neuen Richtung der rumänischen Politik so geräuschvoll Aus¬ 
druck geben. Dieser Lärm ist ganz unnütz; denn für uns ist die Tat¬ 
sache bedeutsam, daß wir Rumänien von der uns gegenüber¬ 
stehenden Koalition losgelöst haben, nicht aber der er¬ 
rungene diplomatische Erfolg. Dieser Lärm regt aber unsere 
Gegner auf und veranlaßt sie, alles zu tun, um das Verlorene wieder¬ 
zugewinnen. In Rumänien wird dieser Umstand von den uns feindlich 
gesinnten Elementen dazu benutzt werden, um die Sache so darzustellen, 
als ob die Ententemächte Rumänien kompromittieren und ihm jeden 
Rückzug abschneiden wollen. 
Schebeko. 
Nr. 915. 
Der bulgarische Gesandte Radeff, Bukarest, an das 
Ministerium des Äußern in Sofia.1) 
Sofia, den 6./19. April 1914. 
Graf Czernin, der einen Ausflug nach Konstantinopel gemacht hatte, 
besuchte mich nach seiner Rückkehr, um mit mir unter anderem auch 
über seine Unterredungen mit dem österreichischen Botschafter in Kon¬ 
stantinopel zu sprechen. Markgraf Pallavicini ist von dem Wiedererstar¬ 
ken der militärischen Macht der Türkei überzeugt. Bezüglich der Lage 
auf dem Balkan infolge des Bukarester Vertrages erachtet sie der Bot¬ 
schafter als unbeständig, und daß alle Bemühungen zu deren Konsolidie¬ 
rung vergeblich sind. Der Gesandte betonte die unumgängliche Notwen¬ 
digkeit für Österreich bezüglich seiner Beziehungen mit Serbien im 
reinen zu sein. „Wir müssen uns,“ sagte er, „entweder mit Serbien 
verständigen, oder aber ihnen ehestens einen schweren Schlag zufügen, 
denn die Lage der österreichischen Diplomatie Serbien gegenüber ist 
!) Bulgarisches Orangebuch Bd. I, Nr. 166, J3.97. 
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