in seiner auswärtigen Politik besitzt, und daß diese in Zukunft aus¬
schließlich rumänische Interessen verfolgen wird, für uns eine entschie¬
den günstigere Bedeutung.
Man muß sich jedoch fragen, sind derartige Erklärungen aufrichtig
und ist Rumänien wirklich Österreich gegenüber durch keinerlei Vertrag
gebunden? Es will mir scheinen, daß man bei der Beantwortung dieser
Frage folgende Gesichtspunkte im Auge behalten muß: i. die alte und
sehr herzliche Freundschaft zwischen dem österreichischen Monarchen
und König Karl; 2. den großen Einfluß Deutschlands auf den König
und die rumänische Regierung. Diese Großmacht wird hier von vielen als
ein selbstloser Freund Rumäniens betrachtet. An sie wendet man sich um
Rat in schwierigen Augenblicken und sie läßt immer die nötigen Infor¬
mationen und Ratschläge hierher gelangen. So ist es z.B. bekannt, daß
Kiderlen bis zu seinem Tode in einem privaten Briefverkehr mit König
Kari gestanden hat, welcher durch ihn schon im April 1912 den Ab¬
schluß des Bündnisses zwischen Bulgarien und Serbien erfahren hat1).
Man kann nicht daran zweifeln, daß ein derartiger Einfluß Deutsch¬
lands auf die rumänische Regierung besteht; dieser Einfluß wird ent¬
schieden dazu benutzt, um Rumänien im Fahrwasser der österreichi¬
schen Politik zu erhalten. 3. Obgleich die rumänische Regierung stets
geleugnet hat, daß ein Bündnis mit Österreich besteht, so darf man doch
kaum zweifeln, daß ein solches seinerzeit wirklich abgeschlossen worden
ist, und viele geben diese Tatsache hier zu. Wenn dem aber so ist,
so fragt man sich, zu welchem Zeitpunkt hat ein derartiges Bündnis
zu bestehen aufgehört, und es ist außerordentlich schwierig, diese Frage
zu beantworten, denn man kann in den Beziehungen zwischen den beiden
Staaten auf keine Periode hinweisen, in der eine gegenseitige Entfrem¬
dung zu bemerken ist, die zweifellos die Folge des Erlöschens des Bünd¬
nisses gewesen wäre. 4* Mir ist von mehreren Mitgliedern der hiesigen
Regierung gesagt worden, Rumänien müsse gute Beziehungen zu Öster¬
reich unterhalten, da von letzterem das Schicksal der transsylvanischen
Rumänen abhängt. Wir sehen andererseits, daß auf den Posten eines
österreichischen Gesandten in Bukarest Graf Czernin ernannt worden
ist, kein Diplomat, sondern der Vertrauensmann des Erzherzogs Franz
Ferdinand, welcher während des letzten Besuches in Rumänien mit den
hiesigen Vertretern der transsylvanischen Rumänen gesprochen und bei
der Feststellung ihrer Wünsche die ungarische Regierung offen wegen
ihrer jetzigen Politik den Rumänen gegenüber kritisiert hatte. Graf
Czernin selbst hat vor einigen Jahren eine Schrift verfaßt, in der er für
die Rechte der von den Ungarn unterdrückten Nationalitäten eintrat, und
hat neulich in einem Zeitungsinterview der Hoffnung Ausdruck gegeben,
daß die ungarische Regierung den Rumänen Zugeständnisse machen
werde.
x) Vgl. Aktenstück Nr. 572, S. 180.