Volltext: Diplomatische Geheimakten aus russischen, montenegrinischen und sonstigen Archiven (Band II 1929)

Sasonow befaßt sich weiter in seinem Berichte mit Fragen der klein¬ 
asiatischen Bahnen, der italienisch-französischen Beziehungen, den Re¬ 
formen in den armenischen Wilajets der Türkei und fährt dann fort: 
„Auf meiner Rückreise nach Rußland hielt ich es für unmög¬ 
lich, Berlin zu passieren, ohne mich dort einige Stunden 
aufzuhalten, in Anbetracht des Wertes, den man in Deutschland 
einem Meinungsaustausch mit uns beilegt, und des praktischen 
Nutzens, den ein solcher ohne Zweifel für uns hat. 
Der Staatssekretär des Außenministeriums, von Jagow, war gerade ab¬ 
wesend, aber ich sprach seinen Stellvertreter, Herrn Zimmermann, und 
den Reichskanzler Herrn v. Bethmann-Hollweg. 
In meinen sehr freundschaftlichen Unterredungen mit ihnen habe ich 
nicht verheimlicht, welch schlechten Eindruck sowohl bei uns wie in 
Frankreich das jüngste Vorgehen Österreich-Ungarns in Belgrad gemacht 
hätte. Die deutsche Regierung scheint ebenfalls die zwecklose Schroff¬ 
heit dieses Schrittes nicht zu billigen, aber der Kanzler versuchte, die 
verbündete Macht zu entschuldigen, indem er auf deren außerordentlich 
schwierige Lage in ihrer Innenpolitik hin wies.“ 
Der Bericht schließt mit einer Erörterung zwischen dem Reichskanzler 
und Sasonow über die in Frankreich herrschende Stimmung bezüglich 
der deutsch-französischen Beziehungen. 
Nr. 884. 
Der bulgarische Gesandte Radeff, Bukarest, 
an das Ministerium des Äußern in Sofia. *) 
Auszug. 
Bukarest, den 
24. Oktober 
6. November 
1913. 
Herr Schebeko ist geneigt zu glauben, daß es nicht zum Kriege zwi¬ 
schen Bulgarien und Serbien gekommen wäre, wenn Hartwig versöhnlicher 
und Nekljudow energischer gewesen wäre, da in diesem Falle der Wille 
Rußlands, der gleichzeitig in Belgrad und Sofia zum Ausdrucke gebracht 
wurde, mit Rücksicht auf die Lage nicht unberücksichtigt hätte bleiben 
können. Schebekos persönliche Meinung war, daß der Zar die Rolle des 
Schiedsrichters nicht übernehmen sollte. Trotz des von uns begonnenen 
Krieges war Rußland desungeachtet gegen eine übermäßige Verkleine¬ 
rung Bulgariens. Seine Instruktionen am Vorabend der Friedenskonfe¬ 
renz lauteten dahin, sich diesbezüglich mit der rumänischen Regierung 
ins Einvernehmen zu setzen, zwecks einer gemeinsamen Betätigung in 
diesem Sinne. Take Jonesku, Herr Blondel und ich, sagte er, versammel- 
Bulgarisches Orangebuch Bd. I, Nr. i33, S.71. 
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