Volltext: Diplomatische Geheimakten aus russischen, montenegrinischen und sonstigen Archiven (Band II 1929)

wie er mir sagte, dafür sorgen, daß diese Herren ihren Gefühlen mehr 
Zwang anlegen *). 
So, nun bin ich fertig, es erübrigt mir noch zu sagen, daß ich recht 
ungern den Politikus gemacht habe, ich bin Soldat und habe mich um 
Politik nicht zu kümmern, aber hier glaube ich nicht unrecht gehandelt 
zu haben, es galt ja ein Mißverständnis, das recht unheilvolle Folgen zei¬ 
tigen konnte, zu zerstreuen. Verzeih die schlechte Schrift und den noch 
schlechteren Stil, diese Zeilen habe ich in aller Eile zusammengeschmiert, 
und sie sollen auch durchaus nicht den Rang eines wohldurchdachten und 
ausgefeilten Exposés beanspruchen, sie sind nur der formlose aber sinn¬ 
getreue Niederschlag einiger Gespräche und der durch diese erzeugten 
Gedanken. 
zuführen, vgl. Feldmarschall Conrad, Aus meiner Dienstzeit III, 52 f., 84 ff•> ioöff. 
Besonders charakteristisch sind die Angaben des k. und k. Generalstabschefs über seine 
Audienz bei Kaiser Franz Joseph vom 3. Februar: „Ich meinte, daß der Monarchie 
doch nichts erübrige, als jetzt gegen Serbien vorzugehen, und die Führung der Süd¬ 
slawen in die Hand zu nehmen, ehe es zu spät wäre. Jetzt sei Italien voraussichtlich 
noch sicher, mit Rumänien unter König Karl könne man noch immer rechnen, aber 
die Lage würde immer zweifelhafter und schlechter, Serbien immer stärker. England 
dürfte es sich vielleicht überlegen, für Rußland die Kastanien aus dem Feuer zu 
holen, ein verstärktes Rußland könne ihm kaum willkommen sein. Allerdings müßten 
wir auch den Krieg gegen Rußland in Erwägung ziehen, und da schiene es, daß 
Deutschland nicht wolle. Darauf erwiderte Seine Majestät: ,Ja, die Pflicht der Re¬ 
genten ist es auch, den Frieden zu erhalten.' “ — Dem Grafen Berchtold schrieb 
Hötzendorf am 8. Februar: „Ich rechne noch immer mit dem kriegerischen Einschrei¬ 
ten der Monarchie gegen Serbien, weil ich in dem Großwerden dieses Staates eine 
entscheidende Gefahr für die Monarchie erblicke, welche Gefahr je später desto 
schwerer zu beseitigen ist. Ich glaube, daß schon die Frage der Abgrenzung Alba¬ 
niens, will die Monarchie nicht zurüekweichen, zu einem Konflikt führen wird.“ 
Sein damaliges Programm faßt Conrad von Hötzendorf in die Worte zusammen: 
„Aktion gegen Serbien; Zusage des Timok-Kreises an Rumänien, wenn es sich hiebei 
neutral verhält, im etwaigen Krieg gegen Rußland aber sofort an Seite der Mon¬ 
archie in den Krieg tritt; Veranlassung Bulgariens, daß es gegen weitestgehende 
Befriedigung seiner Wünsche in Mazedonien und Zusage des Piroter Kreises gegen 
Serbien eingreift, die von Rumänien geforderten Kompensationen gewährt und sich 
mit der Pforte ausgleicht“ (a. a. O. III, 74). In diesem Sinne wandte sich Conrad 
immer wieder an Graf Berchtold; vgl. u. a. sein Schreiben vom 27. Januar (a.a. O. 
III, Ö2 f.). 
1) Daß Erzherzog Franz Ferdinand seinen Vorsatz ausgeführt hat, ergibt sich aus 
den Äußerungen seines Flügeladjutanten Oberst Bardolff zu Conrad von Hötzendorf 
vom 22. Februar: „Der Thronfolger hat auf der ganzen Linie abgeblasen, er will 
unter gar keinen Umständen den Krieg gegen Rußland, er wird ihn nicht zugebe/n. 
Er will von Serbien nicht einen Zwetschgenbaum, nicht ein Schaf, es fällt ihm nicht 
ein.“ Feldmarschall Conrad, a.a.O. III, 127. Dem Generalstabschef von Moltke war 
das Schreiben Herzog Albrechts von Staatssekretär von Jagow zur Kenntnis mit¬ 
geteilt worden. Vgl. auch das Schreiben Moltkes an Jagow vom 6. Februar Band 34 
(I. Hälfte), Nr. 12793. 
37ï
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.