Frage eines Zugangs zum Meere berücksichtigt werden müßten. Um
dies zu erreichen, gäbe es verschiedene Methoden, aber die schon jetzt
von Serbien ausgesprochene Weigerung, irgendeine derselben in Erwä¬
gung zu ziehen mit Ausnahme derjenigen, welche von Serbien selbst
auf gestellt worden sei, könnte nur dazu beitragen, ihm die Sympa¬
thien der Mächte zu entfremden, die am meisten geneigt
wären, Serbien ihre Unterstützung zuteil werden zu las¬
sen. Wenn Serbien einen Streit mit Österreich nur auf Grund eines
Punktes provoziere, ehe irgendeine andere Bedingung, die zu einer Be¬
friedigung führen könnte, formuliert sei, so kompromittiere es
damit den Gesamtplan einer friedlichen Lösung und
schwäche auf diese Weise die Mittel, zu denen die Mächte greifen könn¬
ten, die ihm ihre Sympathien bezeugt hätten. Die Rechte der Mächte,
die am meisten an den bevorstehenden Änderungen der europäischen
Karte interessiert seien, sollten nicht in unvernünftiger Weise bestritten
werden.
Benckendorf f.
Nr. 702.
Der russische Außenminister
an den russischen Botschafter in Paris.1)
Brief. St. Petersburg, den i./i4- November 1912.
Streng vertraulich.
Auf dem Original der eigenhändige Vermerk Nikolaus* II.: •/•
Sehr geehrter Alexander Petrowitsch!
Den in Ihrem Briefe vom 25. Oktober/7. November dieses Jahres dar¬
gelegten Erklärungen, die der französische Außenminister Ihnen gegen¬
über abgegeben hat, messe ich die verdiente Bedeutung bei und teile voll¬
kommen Ihre Meinung, daß es wünschenswert ist, von neuem den
Standpunkt der republikanischen Regierung hinsichtlich der Möglichkeit
einer österreichisch-ungarischen Expansion auf Kosten der Balkanhalb¬
insel festzulegen. In diesem Sinne bin ich bereit, mein Einverständnis
zu geben, daß der Brief des H. Poincare von unserer Seite eine schrift¬
liche Antwort erhält. Da der Brief des französischen Ministers an Sie
gerichtet war, halte ich es für das zweckmäßigste, daß unsere Antwort
auch durch Ihre Vermittlung überreicht werde. Ich füge den Entwurf
zu dieser Antwort hier bei und halte es für meine Pflicht, über diese
Angelegenheit folgendes auszuführen:
*)Iswolski Bd.II, Nr. 566, S.345.
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