Volltext: Diplomatische Geheimakten aus russischen, montenegrinischen und sonstigen Archiven (Band II 1929)

dem Eindruck der letzten Ereignisse und nach dem bekannten Wort, 
daß nur der Erfolg sich durchsetzt, einen ernsthaften Umschwung der 
Stimmung zugunsten der Balkanstaaten und des russischen Standpunktes. 
Sogar die Börse, deren Sympathien zuerst der Türkei zuneigten, reagiert 
jetzt auf die Siege der genannten Staaten mit einer Hausse. Ich bemühe 
mich, diesen veränderten Einfluß der öffentlichen Meinung auf einige 
große Preßorgane zu fördern, aber in diesem psychologischen 
Augenblick ist die Verfügung über materielle Mittel zu dem 
bezeichneten Zweck besonders wichtig. 
I swolsjti. 
Nr. 665. 
Telegramm des russischen Botschafters in London 
an den russischen Außenminister1) 
vom 16/29. Oktober 1912. 
Nr. 283. 
Ihr Telegramm Nr. 28742) erhalten. 
Meine heutige Unterredung mit Nicolson bezog sich wieder auf das 
Reformprojekt. Ich fragte ihn, ob er es kenne. Er antwortete, nicht 
ganz. Ich habe es für nötig gehalten, ihm den Inhalt Ihres Telegrammes 
Nr. 2358 mitzuteilen. Nicolson antwortete ungefähr dasselbe wie gestern 
und zeigte ein besonderes Interesse, als ich ihm die für den Sultan 
reservierte Zone beschrieb. Ferner sagte ich ihm, ich könne ihm auch 
vertraulich Ihre Ansicht über die Erhaltung des status quo mitteilen: 
Sie gäben sich völlige Rechenschaft ab, daß für uns die Erhaltung 
des status quo ante nicht als Prinzip gelten könne, so daß, 
wenn die eine oder andere Macht sich für seine Veränderung zugunsten 
der Alliierten aussprechen würde, es für Rußland psychologisch unmög¬ 
lich sein würde, Einwendungen zu erheben. Nicolson sagte, daß er dies 
vollkommen verstünde. Ich teilte ihm mit, daß Sie sich deshalb so 
vorsichtig in dieser Hinsicht ausgesprochen hätten, weil Sie befürchte¬ 
ten, daß territoriale Vergrößerungen der Balkanländer entsprechende 
Kompensationsforderungen von seiten anderer Mächte hervorrufen könn¬ 
ten. Ich nannte zuerst Rumänien. Ich wolle in keiner Weise eine Mei¬ 
nung über die Absichten Österreichs äußern, doch seien Sie durch den 
plötzlichen und unerwarteten Umschwung in Wien überrascht worden; 
man dürfe nicht zulassen, daß die Frage des Sandschak aufgeworfen 
würde; übrigens brauche es sich nicht um territoriale Kompensationen 
U Benckendorff Bd.II, Nr. 701, S. 466. 
2) Den Text siehe in: Iswolski II, Nr. 534, S. 321 ff.
	        
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