Volltext: Diplomatische Geheimakten aus russischen, montenegrinischen und sonstigen Archiven (Band II 1929)

Nr. 621. 
Telegramm 
des russischen Botschafters in Konstantinopel an den 
stellvertretenden russischen Außenminister1) 
vom 17./30. September 1912. 
Nr. 734. 
In Ergänzung meines Telegramms Nr. 731. — Der serbische Ver¬ 
treter teilt mir über seine Verhandlungen hinsichtlich des zurückgehalte¬ 
nen Kriegsmaterials folgendes mit: In Beantwortung seines Protestes 
und der Erklärung, daß die Politik Serbiens der Türkei gegenüben 
freundschaftlich geblieben sei, hat der türkische Außenminister geant¬ 
wortet, daß, sobald die Erklärungen des serbischen Vertreters in schrift¬ 
licher Form wiederholt würden, das Kriegsmaterial durchgelassen werden 
würde. Sonnabend hat der serbische Vertreter der Pforte mitgeteilt, daß 
er eine derartige schriftliche Erklärung nicht geben könne, worauf der 
türkische Außenminister ihn nochmals gebeten hat, Paschitsch telegra¬ 
phisch um die Ermächtigung zu einer solchen Erklärung zu bitten, was 
Nenadowitsch auch getan hat. Von der Rücksendung des Kriegsmaterials 
nach Marseille war bis jetzt noch nicht die Rede gewesen. 
Giers. 
now, dem gegenüber Bethmann Hollweg und Kiderlen die im Augenblick der Mobil¬ 
machung der Balkanstaaten doppelt auffällige russische Maßregel zur Sprache brachten 
(siehe Aktenstück Nr. 648, S. 246), diese als „eine regelmäßig wiederkehrende 
Maßregel“ hin, mußte sich aber daran erinnern lassen, daß man wohl eine amtliche 
Mitteilung über die Probemobilmachung hätte erwarten können. Auf eine Anfrage des 
Generalstabschefs von Moltke an Staatssekretär von Kiderlen vom i5. Oktober 1912, 
„ob dem Auswärtigen Amt von amtlicher russischer Seite eine vorherige Benachrichti¬ 
gung über die in letzter Zeit in den der deutschen Grenze benachbarten Gebieten vor¬ 
genommenen größeren Probemobilmachungen zugegangen ist, wie dies hei einer glei¬ 
chen Gelegenheit im Oktober 1911 geschehen ist“, mußte der Staatssekretär ver¬ 
neinend antworten. General von Molkte bat darauf aus „schwerwiegenden militäri¬ 
schen Gründen“ das Auswärtige Amt am 12. November, „eine Aussprache mit der 
russischen Regierung herbeiführen zu wollen dahingehend, daß über Probemobil¬ 
machungen in deutsch-russischen Grenzgebieten in Zukunft wieder eine vorherige Mit¬ 
teilung an die deutsche Regierung erfolgt“. Graf Pour talés wurde in der Tat durch 
Erlaß vom 18. November in diesem Sinne angewiesen. Nach einem Bericht Graf 
Pourtalès vom 23. November (Nr. 33o) erkannte Sasonow die Berechtigung des deut¬ 
schen Wunsches zwar an und versprach, die Angelegenheit an maßgebender Stelle zur 
Sprache bringen zu wollen, kam aber auf den Gegenstand nicht wieder zurück. Über 
den Eindruck der russischen Probemobilmachung in Wien (siehe Aktenstück Nr. 65o, 
S.25i). 
1) Benckendorff. Bd. II. Nr. 687, S. 449* 
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