Nr. 609.
Telegramm des russischen Gesandten in Sofia
an den stellvertretenden russischen Außenminister*)
vom 7./20. September 1912.
Nr. 11.4.
Da ein bewaffnetes Vorgehen Bulgariens in allernäch¬
ster Zeit nicht mehr abzuwenden ist, erlaube ich mir Ihnen
folgende Erwägung zu unterbreiten: Wenn wir es für unzulässig und für
Rußland im Sinne der Erhaltung des Friedens für gefährlich halten,
!daß Varna und Burgas von der türkischen Flotte beschossen, türkische
Truppen ausgeschifft, weniger wichtige Ortschaften des bulgarischen
Ufers verwüstet, die Kabelverbindung Odessa—Varna gestört und unser
Handel mit Bulgarien unterbunden werden, so muß unsere Schwarz¬
meerflotte in weniger als zwei Wochen zum Auslaufen
bereit sein. Ich wiederhole den in meinem Schreiben vom 24. August
ausgedrückten Gedanken, Rußland müsse erklären, daß es keine Ruhe¬
störung auf dem ganzen Westufer des Schwarzen Meeres dulden werde.
Es ist sehr wahrscheinlich, daß die Pforte nachgeben und sich verpflich¬
ten wird, ihre Flotte nicht in das Schwarze Meer zu schicken: aber um
dies zu erreichen, muß sowohl die Türkei als auch Europa wissen, daß
unsere Flotte bereit ist und Landungstruppen an Bord nehmen kann.
Nekljudow.
Nr. 610.
Telegramm des russischen Gesandten in Sofia
an den stellvertretenden russischen Außenminister1 2)
vom 7./20. September 1912.
Nr. 115.
Auf meine Frage nach dem Bestehen einer Militärkonvention zwi¬
schen Bulgarien und Montenegro hat Geschow ausweichend geantwortet,
daß „die bulgarische Regierung bestimmte Vorschläge von König Niko¬
laus erhalten“, daß sie aber noch nicht endgültig geantwortet habe. Ich
bin jedoch überzeugt, daß die Militärkonvention fertiggestellt, wenn auch
noch nicht unterzeichnet ist. Der sich augenscheinlich ausbreitende Auf¬
stand der Malissoren ist ein Beweis dafür, daß Bulgarien sich die Mög¬
lichkeit geschaffen hat, in allerkürzester Zeit einzugreifen.
Nekl j udow.
1) Benckendorff. Bd.II. Nr. 682, S. 447-
2) a.a.O. Nr. 683.
218