Ich habe dem General Paprikow alle, von uns bereits gegen eine
aktive Intervention Bulgariens erhobenen Einwände wiederholt und seine
Aufmerksamkeit ganz offen auf die vielleicht verhängnisvollen Folgen
eines unüberlegten Schrittes von seiten Bulgariens gelenkt, den es an¬
scheinend in diesem Augenblick unter dem Einfluß der revolutionären
Tätigkeit der mazedonischen Komitees zu unternehmen gedenkt. Meine
Worte schienen nicht wirkungslos zu bleiben und der Gesandte ver¬
sprach, das Gesagte in vollem Umfange nach Sofia zu übermitteln.
Nach Paprikow empfing ich den türkischen Botschafter, den ich von
der außerordentlich unruhigen Stimmung in Bulgarien in Kenntnis
setzte. Ich betonte mit Bezug hierauf dem Botschafter gegenüber, daß es
zur Verhütung schwerer Verwicklungen für die Türkei dringend nötig
sei, in Mazedonien sofort die Durchführung der Reformen in Angriff
zu nehmen, die der christlichen Bevölkerung Schutz für Person und
Eigentum, Gleichheit vor dem Gesetz und, im Verhältnis der Rassen zu¬
einander, Beteiligung an der Organisation und Verwaltung gewährleisten.
Im Hinblick auf die beunruhigenden Nachrichten aus den Balkan¬
staaten und im Bewußtsein der Notwendigkeit, kein Mittel zur
Abwendung der drohenden Gefahr eines Balkankrieges
unYersrucht zu lassen, beauftrage ich Sie, sich bei der
Regierung, bei der Sie beglaubigt sind, zu erkundigen, ob sie es nicht
für nützlich hält, ihren Vertreter in Konstantinopel anzuweisen, daß er
bei der Pforte in einer Form, die nicht den Charakter eines gemeinsamen
Schrittes trägt, freundschaftliche Vorstellungen in dem Sinne meiner
oben erwähnten, dem türkischen Botschafter abgegebenen Erklärung,
machen solle.
Sasonow.
Nr. 606.
Aide-mémoire der kaiserlich russischen Botschaft.x)
Vienne, le 19 septembre 1912.
Selon toutes les informations qui parviennent au Gouvernement Impé¬
rial, à (moins que des réformes ne soient promulguées à bref délai pour
la Macédoine en conformité avec les stipulations de l'article XXIII du
traité de Berlin, un conflit armé entre la Bulgarie et la Turquie parait
inévitable. Le Ministre des Affaires Etrangères de Russie n'a pas manqué
de faire part à l'Ambassadeur Ottoman à St. Petersbourg de ses appré¬
hensions à ce sujet, en le pressant d'enjoindre d'urgence à son Gouverne¬
ment de ne plus tarder à prendre en mains des réformes en Mlacédoine
qui puissent assurer à la population chrétienne la garantie de leurs per¬
sonnes et de leurs biens, l'égalité devant la loi et une participation pro-
*) Österreichisches Rotbuch, 1912. Nr. 17, S. 12.
2l5