Volltext: Diplomatische Geheimakten aus russischen, montenegrinischen und sonstigen Archiven (Band II 1929)

daß der bulgarische Außenminister, selbst wenn er gewollt hätte, die 
Veränderungen im Texte nicht hätte vornehmen können, da dies die 
Unterzeichnung des Abkommens verzögert hätte; inzwischen verlangte 
aber König Ferdinand aufs energischste die möglichst schnelle Unter¬ 
zeichnung, und seine Ansicht wurde von einigen Kabinettsmitgliederrx 
und von allen höheren Militärs geteilt. 
Trotzdem glaube ich nicht, daß dieses Abkommen zu ernsten Ver¬ 
wicklungen auf dem Balkan führen wird. Das alte Mißtrauen, das zwi¬ 
schen Bulgarien und Griechenland besteht, wird durch einen einzelnen! 
diplomatischen Akt nicht beseitigt, und jeder Teil ist vor allem darauf 
bedacht, durch den andern nicht in ein gefährliches Abenteuer hinein¬ 
gezogen zu werden, ohne die Gewißheit eines reichen Gewinnes im Falle 
des Erfolges zu haben. Andererseits ist das griechisch-bulgarische Ab¬ 
kommen ein günstiger Faktor, welcher nicht allein die entsetzlichen 
blutigen Zusammenstöße zwischen den beiden orthodoxen Nationalitäten 
in Mazedonien verhindert, sondern auch zur Herstellung des Friedens 
und eines gewissen Einvernehmens dienen kann. Es ist jedenfalls 
ein großer Schritt vorwärts... 
N ekl j udlow. 
Nr. 583. 
Der russische Botschafter in Paris an den russischen 
Außenminister.*) 
Brief. Paris, den 7./20. Juni 1912. 
Poincare hat mir vom Besuch des Königs von Bulgarien in Wien 
und in Berlin gesprochen und seiner Beunruhigung über die Zwecke und 
den Charakter des Besuchs Ausdruck gegeben. Die dem König erwie¬ 
senen Ehren haben ihn überrascht und unwillkürlich ist in ihm der Ver¬ 
dacht aufgetaucht, dies seien Anzeichen für eine von dem König im 
geheimen Deutschland und Österreich gegenüber eingegangene Ver¬ 
pflichtung. 
¿„Sie wissen/' sagte er mir, „daß die französische Regierung die bul¬ 
garische Anleihe in Paris nur deswegen zu erleichtern geneigt war, weil 
die russische Regierung ihr erklärte, daß Bulgarien, nachdem es ein ge¬ 
heimes Übereinkommen mit Serbien getroffen habe, fest entschlossen 
sei, sich an die Seite der Entente zu stellen. Glauben Sie nicht, daß wir, 
angesichts des entscheidenden Einflusses, den König Ferdinand auf die 
bulgarische Politik und besonders, auf die äußere Politik ausübt, bevor 
wir Bulgarien bedeutende Mittel zur Verfügung stellen, die wahren Ab¬ 
sichten des Königs in genauer Form feststellen und von ihm in der 
i) Iswolski. Bd. II. Nr. 346, S. 164.
	        
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