Volltext: Diplomatische Geheimakten aus russischen, montenegrinischen und sonstigen Archiven (Band II 1929)

Nr. 553. 
Der russische Gesandte Hartwig, Belgrad, 
an das Ministerium des Äußern in Petersburg. *) 
Nr. 198. Belgrad, den 16-/29. Dezember 1911. 
Der serbische Gesandte in Sofia ist zwecks Beratung über das serbisch¬ 
bulgarische Abkommen hierher berufen worden. Heute nacht kehrt Spa- 
laikowitsch auf seinen Posten zurück mit einer endgültigen Instruktion, 
die auf folgendes herausläuft: 1. Auf beiderseitigen Wunsch werden die 
Art. 3 und 4 aus dem allgemeinen Text entfernt und bilden eine beson¬ 
dere aus zwei Abschnitten bestehende Geheimanlage zum Ver¬ 
trage. 2. Was die Abgrenzung der Sphären in dem allein noch stritti¬ 
gen Teil im Nordosten, d. h. von der allgemeinen Reichsgrenze bis zum 
Wardar anbetrifft, so sind die Serben bereit, die letzte bulgarische 
Variante mit einer geringfügigen Abänderung anzunehmen, und zwar: 
Statt von Neradow in gerader Linie nach Südwesten zu verlaufen, geht 
der Grenzstrich nach Süden, überschreitet den Kriwaflußi bei Petraliza 
und Mostaniza, von wo er Kratowo umgehend nach Südwesten über 
Shiwalewo, Turalewo und Gradschte zum Wardar verläuft. Die vor¬ 
liegende serbische Variante überläßt den Bulgaren die von ihnen so ge¬ 
wünschten Flecken Egri-Palanka und Kratowo und gewährt den Serben 
einen im Vergleich zur Variante von Geschow nur wenig größeren Teil 
des Owtschje Polje. 3. Die vorliegende Variante bedeutet die letzte und 
äußerste Konzession der Serben; weiter können sie nicht entgegenkom- 
men. Sollten die Bulgaren ablehnen, so schlägt die serbische Regierung 
vor, den Artikel vom Hohen Schiedsgericht anzuwenden, das sich dann 
mit der strittigen Ortschaft in dem letzten bulgarischen und jetzigen 
serbischen Projekt zu befassen hätte. 
Nachdem Milowanowitsch mir die Spalaikowitsch erteilte Instruktion 
mitgeteilt hatte, bat er mich, die kaiserliche Regierung zu bitten, einen 
entsprechenden Druck auf Sofia auszuüben. Ich halte es für meine 
Pflicht, diese Bitte warm; zu befürworten, denn wie ich erfahren 
habe, sind erstlich einmal mehrere Teilnehmer der Beratung mit Pa- 
schitsch an der Spitze gegen die neue Konzession an die Bulgaren und 
Milowanowitsch hat die Sache auf seine Verantwortung hin unternom¬ 
men; und zweitens haben die Bulgaren an dem unbedeutenden Teil des 
Owtschje Polje nicht das geringste Interesse, während er umgekehrt 
für die Serben von ungeheuerer strategischer Bedeutung ist, da er die 
natürliche Deckung gegenüber Uesküb darstellt. Diese letzte Anschauung 
ist schließlich auch vom russischen Standpunkt nicht von der Hand 
zu weisen, wenn man in Betracht zieht, daß Serbien berufen sein 
1) Krassny Archiv Tom. IX, S. i5. 
i65
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.