Volltext: Diplomatische Geheimakten aus russischen, montenegrinischen und sonstigen Archiven (Band II 1929)

sie werden dann wieder eine feindliche Haltung gegeneinander einneh¬ 
men und dadurch der von außen kommenden unterirdischen Agitation 
gegen die slawischen und folglich auch die russischen Interessen ein 
weites Feld eröffnen . . .1). 
Nr. 546. 
Der russische Botschafter in Paris 
an den stellvertretenden russischen Außenminister.* 2) 
Nr. 78. Paris, den 8./21. November 1911. 
Vorigen Donnerstag ist der König von Serbien in Paris eingetroffm, 
um dem Präsidenten der französischen Republik einen offiziellen Besuch 
abzustatten. 
Bekanntlich sollte die Reise König Peters bereits im letzten Frühjahr 
stattfinden, mußte aber, obwohl Seine Majestät sich bereits unterwegs 
befand, wegen des Unfalls des Kriegsministers M. Berteaux auf dem 
Flugplätze verschoben werden. 
Der Empfang, der dem König in Frankreich zuteil wurde, zeichnete 
sich nicht nur durch die bei Empfängen fremder Souveräne übliche rein 
offizielle Feierlichkeit aus; die Presse wie auch die öffentliche Meinung 
verliehen dem Besuch Seiner Majestät einen besonders herzlichen Cha¬ 
rakter. In diesen letzten Monaten, in denen der französische Patriotismus 
infolge ernster auswärtiger Verwicklungen fast täglich harten Proben 
unterworfen war, mußte die Ankunft des serbischen Souveräns, der 
seine militärische Erziehung in Frankreich genossen, der in der fran¬ 
zösischen Armee gedient hat und 1870 bei der Verteidigung französischen 
Bodens verwundet wurde, zweifellos in höchstem Maße dazu beitragen, 
Begeisterung und allgemeine Sympathie auszulösen. 
Man hatte für Seine Majestät prachtvolle Räume im Palais des Außen¬ 
ministeriums hergerichtet und als ganz besondere Aufmerksamkeit in 
seinem Zimmer die Möbel aufgestellt, die den Saal schmückten, in dem 
Napoleon I. die Abordnung des Großvaters des Königs, des Begründers 
der Dynastie Karageorgewitsch, empfangen hatte. 
Das Programm für den Aufenthalt Seiner Majestät, das im voraus 
durch ein Protokoll in allen Einzelheiten festgelegt war, enthielt offi¬ 
zielle Besuche beim Präsidenten der Republik und bei den Mitgliedern 
der Regierung, Empfang der auswärtigen Vertreter und der serbischen 
Kolonie, Diners in den Champs-Elysees und auf der serbischen Gesandt¬ 
schaft, einen Besuch im Rathaus, in der Militärschule von Saint-Car, 
wo der König erzogen worden ist, und eine Galavorstellung in der Oper. 
*) Eigenhändige Randbemerkung Nikolai II. mit Blaustift: „Im Prinzip hat Hartwig 
recht. Diese Frage interessiert mich außerordentlich/' 
2) Iswolski. Bd. I. Nr. iÖ7, S. 178. 
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