Volltext: Diplomatische Geheimakten aus russischen, montenegrinischen und sonstigen Archiven (Band II 1929)

von der unbedingten Notwendigkeit, die Verständigung mit Serbien in 
ein enges, auf die Erhaltung des Status quo gerichtetes Defensivbündnis 
zu fassen, zu überzeugen. Diesem Bündnis könnte sich zudem Griechen¬ 
land. leicht anschließen. Gleichzeitig brachte Spalaikowitsch aus Bel¬ 
grad das ganze Projekt des Bündnisvertrages mit, dessen Art. 3 ein¬ 
gehend den Angriffskrieg gegen die Türkei vorsieht und 
regelt, während Art. 4 die Teilung der eroberten türkischen Provinzen 
zum Gegenstand hat. Spalaikowitsch teilte mir das ganze Projekt „in 
extenso“ mit; mit der nächsten Sendung werde ich Ihnen Auszüge zu¬ 
gehen lassen. Ich erklärte Spalaikowitsch kategorisch, daß Rußland von 
irgendwelchen Angriffsaktionen oder Aufteilungsplänen der Türkei auch 
nichts hören will und daß das Bündnis zwischen Serbien und Bulgarien 
ein rein defensives und auf die Erhaltung des Status quo gerichtetes 
sein muß. Ich brachte dies auch Geschow gegenüber zum Ausdruck, der 
übrigens mit mir vollkommen einverstanden war. Spalaikowitsch persön¬ 
lich schenkte meinen Ausführungen willig Gehör und verhieß, Belgrad 
um ein neues, unseren Wünschen entsprechendes Projekt anzugehen. 
Nekl j udow. 
Nr. 544. 
Der stellvertretende Minister des Äußern Neratow, 
Petersburg, an den russischen Gesandten Hartwig in 
Belgrad.*) 
Nr. i747. St.Petersburg, 
Wird nach Sofia mitgeteilt. Ihr Telegramm Nr. 172 erhalten. Die 
Balkanstaaten müssen in Anbetracht des von der westeuropäischen Presse 
wegen der Gerüchte über die Balkanföderation erhobenen Lärms außer¬ 
ordentlich vorsichtig in ihren gegenseitigen Beziehungen und Unter¬ 
redungen sein. Das von Ihnen mitgeteilte Projekt des serbisch-bulgari¬ 
schen Vertrages bedarf hinsichtlich des Inhaltes und besonders der Form 
einige Abänderungen. Ganz abgesehen davon, daß der Art.3 Serbien und 
Bulgarien ungleiche Rollen zuteilt, indem man vom ersteren schwer ein 
selbständiges Hervortreten erwarten kann, basiert die ganze Redaktion 
des Vertrages, besonders Art. 4 auf der Idee kriegerischer Aktionen und 
gewaltsamer Aneignungen, während doch derselbe Gedanke in Form 
von Abgrenzung der kulturellen Einflußsphären ausgedrückt werden 
könnte, was nicht direkt gegen die Türkei gerichtet erscheinen und sich 
mit der Formel von der Erhaltung des Status quo vollauf decken würde. 
*) Krassny Archiv Tora. IX, S. 3.
	        
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