Volltext: Diplomatische Geheimakten aus russischen, montenegrinischen und sonstigen Archiven (Band II 1929)

im Nahen Orient angeeignet und die schnell mit diesem Verlust ver¬ 
söhnte Türkei dokumentiert ihren Ärger und Zorn gegen Rußland durch 
den offenen Übergang in das Lager seiner Feinde. Nunmehr raubt eine 
andere Macht dieses Bundes unter schweigender Zustimmung des dritten 
Bundesgenossen am hellichten Tage der Türkei ihre afrikanischen Be¬ 
sitzungen, und diese zögert nicht, wiederum Rußland dafür verant¬ 
wortlich zu machen und droht sogar damit, gegen dasselbe den moham¬ 
medanischen Fanatismus zu entfachen! 
Und bei dieser Perspektive fordert man von Rußland eine wohlwol¬ 
lende Schirmherrschaft bei der Bildung der Balkanföderation. Und 
dabei merkt man nichts, daß die Türken irgendwelche offenen, ent¬ 
schlossenen Schritte in dieser Richtung unternehmen. Nach Zeitungs¬ 
nachrichten und Telegrammen wurde in türkischen Regierungskreisen 
dunkel von irgendwelchen neuen Bündnissen gemunkelt, während gleich¬ 
zeitig die mohammedanische Geistlichkeit den Heiligen Krieg gegen 
Rußland und die Ausrottung der Giauren — Untertanen des Sultans — 
predigt. 
Aber wie es auch sein mag, wenn hohe politische Überlegungen die 
Annäherung der slawischen Staaten an die Türkei wünschenswert er¬ 
scheinen lassen, so — ich wiederhole es — werden sich die Serben 
dem nicht widersetzen. Aber, wie ich bereits die Ehre hatte zu 
telegraphieren, hält die königliche Regierung es für überaus gefährlich, 
gegenwärtig mit irgendwelchen Bündnisvorschlägen an die Türkei heran¬ 
zutreten, wie das Hofmeister Tscharykow dem serbischen Gesandten in 
Konstantinopel geraten hat. 
Bei dem offensichtlich ablehnenden Verhalten der Bulgaren gegenüber 
der projektierten Konföderation würde jeder Fühler der Serben in 
Byzanz das Mißtrauen Sofias wachrufen und der Sache des serbisch¬ 
bulgarischen Abkommens schaden, was doch seiner politischen Bedeutung 
nach berufen ist, eine neue Epoche in der Geschichte des 
Slawentums einzuleiten. Hartwig. 
Nr. 543. 
Der russische Gesandte Nekljudow, Sofia, 
an das Ministerium des Äußern in Petersburg.1) 
Nr. 86. 
Sofia, den 
24. Oktober 
6. November 
I911* 
Die Telegramme Nr. i632 und 1688 habe ich erhalten. 
In Ausführung Ihrer Instruktion ist es mir ohne besondere Mühe ge¬ 
lungen, Geschow und durch ihn auch die übrigen Kabinettsmitglieder 
*) Krassny Archiv Tom. IX, S. 3. 
i53
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.