Volltext: Diplomatische Geheimakten aus russischen, montenegrinischen und sonstigen Archiven (Band II 1929)

habe und Montenegro nichts gegen den Status quo unternehmen werde. 
Wie ich später erfahren habe, hat der König am nämlichen Tage eine 
gleiche Äußerung auch gegen die Gesandten von Serbien und Bulgarien 
getan und auch hier sie nachher als Scherz bezeichnet. In Anbetracht 
dessen halte ich es für richtig, das kaiserliche Ministerium von diesem 
zum mindestens eigenartigen Anfall von Lustigkeit des montenegrinischen 
Herrschers in Kenntnis zu setzen. Der König ist heute in Begleitung 
des Ministerpräsidenten, des Kriegsministers, des Generals Martinowitsch 
und einer großen Suite nach Grachow abgereist, von wo aus er nach 
Nikschitsch weiterreist. 
Obnorski. 
Nr. 532. 
Der stellvertretende Minister des Äußern Neratow, 
Petersburg^ an den russischen Gesandten in Sofia.x) 
Nr. i48g. Petersburg, den a./i5. Oktober 1911. 
Telegramm Nr. 71. Mitgeteilt nach Paris, London, Berlin, Wien, Kon¬ 
stantinopel, Rom. 
Wollen Sie Herrn Geschow vertraulich folgendes sagen. 
Betreffs seines Schrittes bei den Großmächten, bezüglich zu verlangen¬ 
der Garantien seitens der Türkei, daß auch ihre Versicherungen aufrich¬ 
tig sind, werden wir mit den anderen Kabinetten in einen Meinungsaus¬ 
tausch treten. 
Im gegenwärtigen Augenblicke können wir jedoch bereits die Über¬ 
zeugung aussprechen, daß die Türkei nicht daran denkt, Bulgarien anzu¬ 
greifen. Denn sie hätte davon selbst im Falle eines militärischen Erfolges 
gar keinen Vorteil, da ihr das entscheidende Wort darüber nicht zustehen 
würde. Deshalb warnen wir die bulgarische Regierung, sich nicht zu 
sehr vom Gedanken leiten zu lassen, mit Rücksicht auf die Möglichkeit 
eines etwaigen türkischen Überfalles und im Glauben an das Vorteil¬ 
hafte einer solchen Handlungsweise, als erste mit den Kriegsoperationen 
gegen die Türkei zu beginnen. Sollte eine solche Neigung in bulgarischen 
Kreisen bestehen, so muß die Frage aufgeworfen werden, ob denn auch 
Bulgarien in einem solchen Falle einer Rückendeckung sicher ist und ob 
bereits ein diesbezügliches Einvernehmen mit Serbien besteht, welches im 
Falle einer militärischen Aktion nach dem Süden sich zweifellos einem 
Angriffe seitens Österreich-Ungarns ausgesetzt sehen würde. Eine nicht 
genügend überlegte Aktion Bulgariens würde, indem sie Unruhen in 
Mazedonien, Albanien und allgemeine Verwicklungen unter den ver¬ 
schiedenen lokalen Elementen der verschiedenen Stämme herbeiführt, 
1) Krassny Archiv Tom. VIII, S. 3i. 
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