Volltext: Geheimakten aus serbischen Archiven (Band I ; 1928)

klärte, daß es ihm nicht möglich sei, eine Ansicht hierüber za äußern, 
aber soviel könne er sagen, daß er glaube, die königliche Regierung 
habe wohlgetan, dem Rate der russischen Regierung zu folgen, denn 
er sei überzeugt, daß uns dieser Rat aus triftigen und unparteiischen 
Gründen in unserem eigenen Interesse erteilt worden sei. — Ich be¬ 
nutzte diese Gelegenheit, um Sir Edward Grey unmittelbar gemäß Ihrem 
Telegramm vom i4- d. Mts. die unangenehmen Folgen darzulegen, 
welche eintreten könnten, wenn Österreich seine Absicht, sofort eine 
Verfassung für Bosnien und die Herzegowina zu schaffen und sie dort 
einzuführen, nicht aufgäbe. Der Minister hörte mich aufmerksam an 
und erklärte, daß der Schritt, den wir von ihm verlangten, sehr deli¬ 
kater Natur sei. Nachdem festgelegt sei, daß alles was die jetzigen Fra¬ 
gen am Balkan betreffe, einverständlich entschieden werde, so glaube 
er, daß England keinen wie immer gearteten Schritt allein unternehmen 
könne, sondern erst nach vorgängiger Verständigung mit den andern 
Mächten und gemeinsam mit ihnen. — Ich fragte sodann Sir Edward, 
ob er glaube, daß die Verhandlungen zwischen den Mächten über unsere 
Frage bald beginnen würden. Sir Edward erwiderte, daß er dies nicht 
wisse, denn die Verständigung zwischen der Türkei und Österreich sei 
noch nicht ganz perfekt, auch könne man nicht das Ende der Ver¬ 
handlungen zwischen der Türkei und Bulgarien voraussehen. Er bestä¬ 
tigte das, was mir unlängst Sir Charles gesagt hatte, nämlich, daß hier 
vorläufig in der serbischen Frage nichts geschähe, da, wie er sagte, 
es nicht möglich sei, sich gleichzeitig mit allen Fragen zu befassen, 
welche durch die letzten Ereignisse an die Tagesordnung gelangt sind. 
— Auf meine Frage, ob wir auch fernerhin auf die Unterstützung 
der englischen Regierung rechnen könnten, erwiderte Sir Edward, daß 
die Stimmung der englischen Regierung, wie uns wohl bekannt, die¬ 
selbe sei, wie früher und daß er bereit sei, unsere „raisonablen“ For¬ 
derungen zu unterstützen. Ich sagte darauf, daß in der Hauptsache 
unsere Forderungen schon bekannt seien und erwähnte die Autonomie 
und die territoriale Verbindung mit Montenegro. Der Minister ent- 
gegnete, daß er jetzt über diese Forderungen mit mir nicht diskutieren 
könne, da sie amtlich noch nicht vorgebracht seien, aber er hoffe, daß, 
wenn wir das Memorandum überreichen, wir die Notwendigkeit im 
Auge behalten werden, nur solche Forderungen aufzunehmen, deren 
Befriedigung „raisonablement“ erwartet werden kann. Mit dieser Ein¬ 
schränkung, sagte er, erkläre er gerne seine Bereitwilligkeit uns zu 
helfen, denn seine ganze Tätigkeit habe nur ein Ziel — die Erhal¬ 
tung des Friedens. 
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