Volltext: Geheimakten aus serbischen Archiven (Band I ; 1928)

werde. Ich finde, daß dies unmöglich ist. — Mein Interview mit der 
„Tribuna“ hat den stärksten und sympathischsten Eindruck gemacht... 
Überhaupt die beste Stimmung. 
Nr. 34. 
Spezial-Delegierter, Minister des Äußern 
Milowano witsch, Rom, an das Ministerium des Äußern 
in Belgrad. 
Telegramm: Rom, den 5./18. November 1908. 
Der Ministerpräsident1) äußerte sich in der Zusammenkunft von ge¬ 
stern abend in allen Punkten so wie Tittoni. Er teilte mir mit, daß die 
Debatte über die Interpellation wegen der Balkanfrage in dem am 
12. d. M. zusammen tretenden Parlamente sogleich an die Tagesordnung 
gelangen werde. Die Regierung werde unzweifelhaft ein Vertrauens¬ 
votum bezüglich ihrer Politik der Sympathien für die Balkanstaaten er¬ 
halten. Aber die Erhaltung des Friedens sei notwendig. Die Kriegs¬ 
agitation der extrem demokratischen Elemente sollte sich nicht mit 
Versicherungen . . . beflecken, da für einen Krieg weder die militä¬ 
rischen noch die diplomatischen Vorbedingungen gegeben seien. Für 
unser Verlangen nach Territorialkompensationen habe er die größten 
Sympathien, da diese in allen Stücken dem Interesse Italiens »ent¬ 
sprechen. Aber er könne nicht hoffen, daß Österreich-Ungarn dazu be¬ 
wogen werden könne. Mit Tittoni und dem russischen Botschafter 
habe ich gestern konferiert. Mit dem französischen und Tittoni heute, 
und morgen werden wir alle vier zusammen sein. Tittoni will sobald er 
die Antwort Österreich-Ungams erfahren hat, im Einverständnisse mit 
Rußland einen Schritt in London unternehmen, um England zu schär¬ 
ferer Haltung gegenüber Österreich-Ungarns zu bewegen, und zwar 
hauptsächlich zugunsten unserer Forderungen. Ich habe mich abermals 
mit allen Kräften dafür eingesetzt, daß in jedem Falle die Territorial¬ 
forderung ebenso wie die Annexionsfrage selbst in der Konferenz zur 
Diskussion gelange und unter keiner Bedingung durch das Programm 
vorweg ausgeschlossen werde. Alle versprachen mir, darauf hinzuwir¬ 
ken. Tittoni sagte mir, er habe Nachrichten aus Konstantinopel über 
die zweideutige Haltung der Pforte, die Nowakowitsch1 2) gegenüber sich 
so und den andern gegenüber entgegengesetzt ausspreche. Es wäre not¬ 
wendig, dies zu kontrollieren. 
1) Giolitti. 
2) Stojan Nowakowitsch, Spezialdelegierter in Konstantinopel und anfangs 1909 
Ministerpräsident. 
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