Volltext: Geheimakten aus serbischen Archiven (Band I ; 1928)

komme und sich nicht bloß auf die Sicherung des Rukarester Friedens 
beziehe. 
Hierauf berührte ich die Angelegenheit von der Verheiratung unseres 
Thronfolgers mit folgenden Worten: Ich bitte Eure Majestät, mir aller¬ 
gnädigst zu erlauben, einen Wunsch und eine Bitte unseres Königs vor¬ 
zutragen, und nicht zu zürnen, daß ich dies tue. Unser König wünscht 
seinen Sohn mit einer der Großfürstinnen zu verheiraten. Die Pflicht, 
die er seinem Lande und seinem Nachfolger schuldet, treibt ihn dazu, 
diesen seinen Wunsch Euer Majestät durch mich zu äußern, denn er ist 
überzeugt, daß niemand etwas davon wissen oder hören wird. Sollten 
Eure Majestät aus irgendeinem Grunde finden, daß dies nicht sein kann, 
so würde der König trotzdem seine Sympathie für Rußland und seine 
Treue gegen die slawische Politik bewahren, er würde bloß das Bewußt¬ 
sein haben, seiner Pflicht gegen Serbien und Rußland Genüge geleistet 
zu haben. Der Zar antwortete lächelnd: Er sei über die Bitte des Königs 
gar nicht ungehalten, und sie sei ganz schicklich, allein er habe das 
Prinzip, seinen Kindern die Entscheidung des Herzens zu überlassen, 
und er wünsche nicht, sie in der Wahl ihres künftigen Lebensgefährten 
zu beeinflussen. Er finde selbst, daß niemand davon etwas zu wissen 
brauche. Er habe bemerkt, daß der Kronprinz, als er bei ihm beim 
Familiendiner war, oft auf die Großfürstin geblickt und sich bemüht 
habe, es nicht merken zu lassen. Er finde, daß sich der Kronprinz sehr 
gut präsentiere, daß er nicht mit seinen Kriegserlebnissen aufschneide, 
daß er tapfer und brav sei. Darauf dankte ich ihm und versprach, nie¬ 
mand, nicht einmal dem König, zu erzählen, was der Zar mir 
gesagt hat, nur der Kronprinz soll es wissen. Der Zar sagte mir, daß 
der Kronprinz, als er bei ihm war, nichts darüber gesprochen habe; 
darauf sagte ich, er habe sich vor einer Absage gefürchtet. 
Sodann sprachen wir von andern Dingen, nachdem ich gesagt hatte: 
Wenn es uns beschieden sein sollte, eine Tochter des Kai¬ 
sers von Rußland zur Königin zu haben, dann wird sie die 
Sympathie des ganzen serbischen Volkes genießen, und 
sie kann, wenn Gott und die Verhältnisse es zulassen, 
die Zarin des südslawischen, serbisch-kroatischen Vol¬ 
kes werden. Ihr Einfluß und ihr Glanz wird die ganze 
Balkanhalbinsel umfassen1). 
Der Zar hörte meine Worte mit sichtlicher Freude an. Der Eindruck 
dieses ganzen Moments war ein guter. Ich bemerkte nicht im geringsten, 
daß er dem Zaren unangenehm gewesen wäre, und ich sagte noch, der 
Kronprinz kann noch einige Tage hier bleiben, denn ihn erwarten keine 
anderen dringenden Geschäfte, aber ich muß am nächsten Freitag fort. 
Der Zar sagte: „Er kann, oh, er kann noch hier bleiben, er hat hier genug 
*) Das reine Mittelalter.
	        
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