Volltext: Geheimakten aus serbischen Archiven (Band I ; 1928)

einer Weise befriedigt werden. Gäbe Serbien z. B. Bulgarien das linke 
Ufer des Wardars, so würde Bulgarien unter dieser Bedingung Serbien 
behilflich sein, seine Aspirationen im Westen und Norden zu verwirk¬ 
lichen. Ein neues Bündnis auf solcher Grundlage würde daher für 
beide Staaten von Nutzen sein. Mazedonien — nicht das Mazedonien bul¬ 
garischer Chauvinisten, sondern das südöstliche Mazedonien — müsse 
das Pfand dieses Bündnisses sein. Gewiß wäre es schwer, dies schon 
heute zu erreichen, aber als erste Etappe betrachte er: die Bevölkerung 
im Südosten Mazedoniens, welche nach Bulgarien gravitiert, nicht 
durch Anwendung außerordentlicher Mittel gewaltsam zu serbisieren. 
Wie er sagt, verlange er nicht viel: der Bevölkerung die bulgarischen 
Schulen und Priester zu belassen; Bischöfe verlange er nicht. Geschähe 
dies nicht, so wird bei den Verwandten der mazedonischen Bevölkerung, 
welche in Bulgarien leben und mit denen Bulgarien überschwemmt 
ist — im heutigen Kabinette sind vier Mazedonier Minister —..., 
gegen Serbien stets eine Animosität herrschen und es werde sich 
ein Konflikt ergeben, der sich mit amtlichen Noten nicht beseitigen 
lassen kann. Die bulgarische Regierung, welche mit den Wünschen der 
Mazedonier in Bulgarien Rechnung tragen müsse, werde sich der 
Strömung nicht entgegenstemmen können; die Dinge werden sich im¬ 
mer mehr verwickeln und können im gegebenen Augenblicke fatal wer¬ 
den. Natürlich würden auch Versuche gemacht werden, aus Bulgarien 
Freischärler nach Mazedonien zu entsenden; General Dimitrijeff leug¬ 
net auch nicht, daß jener Versuch bei Demirkapu die Tat bulgarischer 
Freischärler war und diese Attentate werden auch weiterhin von pro¬ 
fessionellen Freischärlern, für welche dies schon lange ein Gewerbe 
geworden ist, fortgesetzt werden, wenn Serbien gegenüber der Bevölke¬ 
rung Mazedoniens nicht mehr Wohlwollen bekunde; die bulgarische 
Regierung werde die Freischärleraktion weder verhindern wollen noch 
wagen. Würde man hingegen in Bulgarien eine Toleranz der serbischen 
Behörden gegenüber der bulgarischen Bevölkerung wahrnehmen, dann 
hätte auch die bulgarische Regierung eine leichtere Arbeit. Natürlich 
gibt der General zu, daß heute eine Freischärleraktion nicht eine solche 
sein kann wie zur Türkenzeit, da Serbien ein moderner Kulturstaat ist, 
welcher imstande sein wird, jede Tätigkeit gegen Gesetz und Ordnung 
im Lande zu verhindern. Doch ist er der Ansicht, daß dies die Frei¬ 
schärler nicht dazu bringen könne, die begonnene Arbeit und ihr Ge¬ 
werbe! zu lassen. Er beabsichtige, mit seinen Ausführungen ¡keine 
Drohung auszusprechen, keine hinterlistige Politik zu betreiben oder 
Serbien eine Falle zu legen, sondern er spreche offen im Interesse 
beider Völker. — Also das Resumé seiner Ideen sei folgendes: jener 
Teil Mazedoniens, auf welchen Bulgarien aspiriert, müsse das Unter¬ 
pfand für eine gemeinsame Arbeit und für ein Bündnis zwischen Ser¬ 
bien und Bulgarien zwecks Verwirklichung der Ideale beider Länder 
4o5
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.