Volltext: Geheimakten aus serbischen Archiven (Band I ; 1928)

Ministerium in ziemlichem Maße besteht, sowie durch die Verstimmung 
gegenüber dem heutigen Präsidenten der Republik, welche sich vor 
einem Monat bei der Generalversammlung der versammelten Radikal¬ 
gruppen — an deren Spitze damals Herr Caillaux stand und der dieser 
Tage im französischen Parlamente den Hauptkampf gegen das Mini¬ 
sterium geführt hat — zeigte. 
Gemäß der parlamentarischen Logik wäre es am glaubwürdigsten, 
daß er (Caillaux) mit der Zusammenstellung der neuen Regierung be¬ 
traut würde. Doch ist dies hier keine absolute Regel; nachdem man sich 
heute oder morgen mit dem Präsidenten des Senates und der Kammer 
sowie mit einigen politischen Notabein beraten haben wird, kann 
Herr Poincare einen weniger hervorgetretenen und einen politisch weni¬ 
ger engagierten Staatsmann, als Herr Caillaux es ist, zur Regierung be¬ 
rufen, den die vermögenden Klassen im Inlande fürchten und der des¬ 
halb auch in England keine Sympathie findet. 
Als morgiger Ministerpräsident wird seit gestern abend in Gesprächen 
Herr P. Deschanel, Präsident der Kammer, Herr Millerand, gewesener 
Kriegsminister, und I. Dupuy, Bauten- bzw. Handelsminister in den 
Briandschen Kabinetten und Eigentümer des Blattes „Le petit Parisien“ 
erwähnt. Nach der heutigen verworrenen inneren Situation dürfte er die 
größten Chancen zur Berufung zur Regierung, welche nur vorüber¬ 
gehend und interemistisch wäre, haben. 
Die auswärtigen Beziehungen Frankreichs werden ebenfalls auf die 
Bildung der neuen Regierung von Einfluß sein. Diese sind sicherlich 
gespannte, weil, obzwar die Anzeichen in Zabem (Savernes) sehr sym¬ 
pathisch sind, man wieder zuverlässig sagen kann, daß zwischen Paris 
und Rom ein ziemlich scharfer Wind (Koschawa) weht und daß Kalt¬ 
blütigkeit und Geistesgegenwart erforderlich sein werden, um zu ver¬ 
hindern, daß diese Beziehungen in nächster Zukunft nicht in offene 
Feindschaft ausarten. 
P. S.: Unter den Präsidenten-Kandidaten wird auch Herr Cochery, 
Präsident des Finanzausschusses, gewesener Finanzminister, erwähnt. 
Nr. 389. 
Der serbische Geschäftsträger Gruitsch, London, 
an das Ministerium des Äußern in Belgrad. 
Pov. br. 299. 
London, den 
22. November 
4. Dezember 
i9l3- 
Sogleich fiel mir auf, daß Sir Arthur (Nicolson) sehr schlecht ge- 
stimmt war; aus seinen Erklärungen, welche ich nachstehend »än- 
führen werde, habe ich den Grund seiner Verstimmung vernommen. 
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